Das E-A-T-Modell von Google

5. März 2020

Googles E-A-T-Modell: Was SEOs aus den Search Quality Guidelines lernen können

 

Bekanntlich nutzt Google über 200 verschiedene Rankingfaktoren, um für jede Suchanfrage die besten Ergebnisse auszuspielen. Dazu setzt die Suchmaschine jede Menge Rechenpower ein. Geht es aber darum, die Suchfunktion zu verbessern, kommt noch ein ganz anderer Prozess ins Spiel – die manuelle Beurteilung durch menschliche Evaluatoren. Die hier angelegten Maßstäbe haben auch ganz praktische Auswirkungen: Wer in Zukunft Googles Erwartungen an „hochwertigen Content“ genügen will, muss die sogenannten „E-A-T“-Standards beachten.

Foto der Buchstaben E-A-T in Leuchtschrift

Crawler, Algorithmen, künstliche Intelligenz – wenn es darum geht, herauszufinden, für welche Suchanfrage welche Websites die besten Ergebnisse liefern, setzt Google auf die Macht der computerbasierten Berechnung. Kein Mensch könnte so schnell und so umfassend alle Daten erfassen, gewichten und wieder ausspielen. Angesichts der steigenden Datenflut und der Gefahr durch bewusste Desinformation (Fake News) kann selbst ein Tech-Riese wie Google Verbesserungen an der Suchfunktion nicht einfach und ausschließlich maschinengestützten Prozessen überlassen. Er ist – welche Überraschung – auf echte Menschen angewiesen, die die von den Algorithmen berechneten Ergebnisse hinsichtlich ihrer Qualität beurteilen.

Die Search Quality Evaluator Guidelines

Google arbeitet mit externen Evaluatoren zusammen. Mittlerweile wird dies auch offen kommuniziert:

„Die Evaluatoren beurteilen, wie gut eine Website unseren Nutzern das Gesuchte präsentiert. Sie bewerten die Qualität der Ergebnisse im Hinblick auf die Sachkompetenz und die Vertrauenswürdigkeit der Inhalte.“

Google

Damit die Beurteilungen einheitlich ausfallen, gibt Google den Evaluatoren einen mittlerweile 168 Seiten starken Leitfaden an die Hand: die „General Guidelines“, auch bekannt als „Search Quality Evaluator Guidelines“ bzw. unter der früheren Bezeichnung oder „Quality Rater Guidelines“.

Die ersten Versionen der Guidelines waren eigentlich nur für den internen Gebrauch gedacht. Einige Dokumente wurden aber geleakt (z. B. in den Jahren 2008 und 2011). Dadurch wurden SEOs darauf aufmerksam, welche Kriterien und Beispiele Google für die Qualitätssicherung zur Verfügung stellt. Seit 2015 sind die Dokumente online verfügbar und werden regelmäßig aktualisiert. Die aktuelle Version der Google General Guidelines stammt vom 5. Dezember 2019.

Eines der wichtigsten Elemente in den Quality Rater Guidelines ist die Bewertung der Qualität einer Webseite (Web- bzw. Landingpage) bzw. einer ganzen Website anhand von drei Aspekten: Sachkompetenz, fachliches Ansehen, Vertrauenswürdigkeit – auf Englisch: Expertise – Authoritativeness – Trustworthiness, kurz: E-A-T.

In SEO-Kreisen wird schon seit 2014, als das E-A-T-Modell das erste Mal in den Guidelines auftauchte, darüber spekuliert, welchen Einfluss das E-A-T-Modell auf das Ranking bestimmter Webpages hat. Jedoch betonte Google immer wieder, dass es sich bei E-A-T nicht um einen Rankingfaktor handelt. Weder könne ein Evaluator eine Website abstrafen noch eine bestimmte Landingpage auf Position 1 der Suchergebnisse heben. Auch sammelten Websites keinen E-A-T-Score – vergleichbar mit dem PageRank-Wert –, der beim Ranking berücksichtigt werden würde.

Natürlich kann man davon ausgehen, dass die von den Evaluatoren gewonnenen Einschätzungen als Feedback in die Weiterentwicklung der Google-Suche einfließen. Aus diesem Grund ist das E-A-T-Modell, auch wenn es keinen unmittelbaren Einfluss aufs Ranking hat, wichtig genug, um sich damit auseinanderzusetzen. Denn die hier beschriebenen Kriterien vermitteln einen Eindruck, wie Google bei der Qualitätsbewertung „tickt“ – und darum kommt kein SEO herum.

Bei E-A-T steht die Qualitätsbewertung im Vordergrund

Die Evaluatoren arbeiten in einem Testumfeld mit A/B-Tests. Das bedeutet: Sie bekommen bestimmte Suchergebnisse in zwei Formen vorgesetzt: einmal mit dem bestehenden Algorithmus, einmal in einer modifizierten Form. Die Bewertungen der Suchergebnisse werden gegenübergestellt. Hat sich die Qualität erhöht, forscht Google weiter an der Modifikation bzw. „füttert“ mit den Trainingsdaten die Machine-Learning-Systeme. Bei einer Verschlechterung werden die Veränderungen vermutlich überarbeitet oder verworfen.

Matt Cutts erklärte schon 2012 der Öffentlichkeit, wie Google Search-Evaluatoren einsetzt, um die Suchergebnisse zu verbessern. (Quelle: YouTube / Google Webmasters)

Die Guidelines unterscheiden drei Bereiche, in denen die Evaluatoren Einschätzungen abgeben:

  1. Page Quality
  2. Mobile User Needs
  3. Needs Met Ratings

Während Bereich 2 die von Google unterschiedenen Formen der Suchintention vorstellt, erläutert Bereich 3 das Bewertungssystem und wie gut Webpages konkrete Suchanfragen beantworten. Eine wichtige Rolle spielen neben der eigentlichen Landingpage auch die vorgelagerten SERP-Blöcke. Der Bezug zur Suchanfrage bleibt in Bereich 1 indes außen vor. Beim E-A-T-Modell geht es vornehmlich um die (objektive) Qualität der Web- bzw. Landingpage sowie der gesamten Website. Diese richtet sich für Google aber immer nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Seite – dem „Beneficial Purpose“; ein News-Portal verfolgt eben ein anderes Ziel als eine Shopping-Seite, ein Währungsrechner oder eine Weltzeituhr.

Google Page Quality Most Important FactorsAnhand mehrerer Faktoren bewerten Evaluatoren die Qualität einer Website. (Quelle: Google General Guidelines)

Das Vorgehen der Evaluatoren ist standardisiert: Im ersten Schritt sollen sie, wenn möglich, den Zweck der Webseite bestimmen. Dann folgt ein Blick auf die gesamte Domain, wobei unter anderem geprüft wird, ob es Angaben zum Betreiber der Website und zu den Autoren bzw. Content-Erstellern gibt. Wichtig ist auch ein (Online-)Check der Reputation von Website, Marke und Autor, etwa bei Wikipedia und externen Bewertungsportalen. Was eine Website über sich selbst sagt, sollen die Evaluatoren selbstverständlich kritisch hinterfragen. Als mögliche Quellen werden empfohlen:

  • Wikipedia
  • Artikel bei Google News
  • Expertenmeinungen in Fachportalen und Online-Foren
  • Nutzerbewertungen in Form von Reviews, Produktbewertungen …

Im vierten Schritt wird dann die Qualität der Webpage geprüft. Dazu unterscheiden die Quality Rater Guidelines drei Content-Typen, die sich typischerweise auf Websites finden lassen:

  • Main Content (MC): Der eigentliche Content einer Webpage, der aus Texten, Bildern, Videos, Spielen, Rechnern usw. bestehen kann. Eventuell ist der MC auf mehrere Tabs aufgeteilt. Auch User-Generated Content (Bewertungen, Artikel, Videos usw.) – Content, der nicht vom Webmaster, sondern von Nutzern beigesteuert und hochgeladen wird – zählt zum MC. Wichtig: Eine eindeutig erkennbare Überschrift fasst den Inhalt der Seite gut zusammen.
  • Supplementary Content (SC): Hierbei handelt es sich um inhaltliche Elemente, die nicht zum eigentlichen Thema der Webpage beitragen, die aber für eine gute User Experience (UX) von Bedeutung sind. SC umfasst in der Regel die Navigation und Verlinkungen (Hinweise/Teaser) auf andere Webseiten, Artikel, Videos oder Produkte.
  • Werbung (Ads): Alle Elemente, die werbliche Zwecke für Dritte erfüllen oder anderweitig kommerziellen Zwecken dienen. Grundsätzlich ist das Vorhandensein (oder die Abwesenheit) von Werbung kein Qualitätsmerkmal, schließlich finanzieren sich etliche Websites darüber. Allerdings dürfen die Ads nicht den Zweck der Webpage überdecken (oder ihr eigentlicher Zweck sein). Bei hochwertigen Webpages ist das Verhältnis zwischen MC und Ads immer ausgewogen.

Zur Einschätzung der Qualität einer Website nutzen die Evaluatoren eine Schieberegler-Skala mit neun Stufen, die von „Lowest“ über „Low“, „Medium“ und „High“ bis zu „Highest“ reicht. Bei der Einteilung in eine dieser Stufen spielt das E-A-T-Modell eine entscheidende Rolle. Wie erwähnt, steht E-A-T für Sachkompetenz, fachliches Ansehen/Autorität und Vertrauenswürdigkeit. Die Bewertung der einzelnen Faktoren unterscheidet sich aber im Detail, wie Digital-Marketing-Experte Jeff Bullas hervorhebt:

  • Expertise: Besitzt der Ersteller des Contents das Wissen bzw. die Fähigkeiten, die für das Thema von Bedeutung sind?
  • Autorität: Handelt es sich bei dem Ersteller des Contents um jemanden, den auch andere als Experten einstufen? Ist die Website, die den Content veröffentlicht, eine einschlägige Adresse, um die besten Informationen zum gesuchten Thema im Internet zu finden?
  • Vertrauenswürdigkeit: Präsentiert der Ersteller des Contents bzw. die Website ein Thema auf transparente und nachvollziehbare Weise? Sind die Informationen verlässlich?

Aus den E-A-T-Kriterien ergibt sich, wie hoch die Qualität einer bestimmten Webpage ist. Dabei soll der Evaluator natürlich auch die übrigen Merkmale berücksichtigen, also wie gut die Seite ihren Zweck erfüllt, über welche Reputation der Autor und die Website verfügen, wie nutzerfreundlich sie aufgebaut ist (Navigation), den Anteil des MC am Gesamt-Content sowie die Frage, wie gepflegt die Website im Allgemeinen aussieht.

Für SEOs sind die Stufen „High“ und „Highest“ besonders interessant, geben sie doch die Richtung vor, wie Content sein muss, damit Google ihn als besonders gut einschätzt:

Webpages mit hoher Qualität

  • Hohes Niveau an Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit (E-A-T).
  • Eine ausreichende Menge an hochwertigem MC, einschließlich einer beschreibenden oder hilfreichen Überschrift.
  • Ausreichende Menge an Informationen über die Website bzw. darüber, wer für die Website verantwortlich ist. Bei Shops: Informationen über Kundendienst.
  • Hohes Renommee der Website bzw. des Erstellers des MC.

Google Page Quality Beispiel HighEin Beispiel für die Bewertung einer Webseite mit „hoher“ Qualität – den Ausschlag gibt hier die „Alltagserfahrung“ des Erstellers. (Quelle: Google General Guidelines)

Webpages mit sehr hoher Qualität

  • Sehr hohes Niveau an Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit (E-A-T).
  • Eine beträchtliche Menge an hochwertigem oder sehr hochwertigem MC.
  • Sehr hohes Renommee der Website bzw. des Erstellers des MC.

Google Page Quality Beispiel HighestEin Beispiel für die Bewertung einer News-Website mit „sehr hoher“ Qualität. (Quelle: Google General Guidelines)

Auch wenn die Zwecke von Web- und Landingpages sehr unterschiedlich sein können – lässt der Content erkennen, dass er mit Aufwand, Kompetenz und Talent erstellt wurde, zahlt das doch immer auf das E-A-T-Konto ein. Die Unterscheidung zwischen einer hohen und sehr hohen Qualität kann mitunter subjektiv sein; für Google sind Originalität und Einzigartigkeit des Contents jedoch ein maßgeblicher Faktor:

„A factor that often distinguishes very high quality MC is the creation of unique and original content for the specific website.“

Search Quality Evaluator Guidelines

Je nach Themengebiet kann Content mit sehr hoher Qualität von ausgewiesenen Experten oder versierten Laien erstellt werden. Gerade die zweite Gruppe kann bei Alltagsthemen wie Kochen oder Backen – im Sinne einer „everyday expertise“ – punkten. Zudem schreiben viele Menschen fundierte und sehr detaillierte Produkt-Reviews oder Restaurantkritiken – diese Bereiche benötigen ebenfalls keine fachliche (Aus)Bildung. Auch bei besonderen Erfahrungen, etwa im Umgang mit speziellen Krankheiten, können Betroffene zu „Experten in eigener Sache“ werden. Hinweise zur medizinischen Behandlung sollten dagegen von medizinischen Fachleuten kommen.

Wird ein bestimmter Inhalt dagegen von jemandem verfasst, der weder über Erfahrung noch Kompetenz in dem Themenbereich verfügt, gilt dies als Merkmal für mindere Qualität („Low“).

Google Page Quality Lacking ExpertiseMangelnde Expertise für ein Thema gilt als negatives Qualitätssignal. (Quelle: Google General Guidelines)

Hohe Bedeutung von E-A-T für YMYL-Sites

Als YMYL-Websites (Abkürzung für: „Your Money or Your Life“) gelten Websites, die eine besondere Auswirkung auf „Glück, Gesundheit, finanzielle Stabilität oder Sicherheit“ haben:

„Some types of pages or topics could potentially impact a person’s future happiness, health, financial stability, or safety. We call such pages ‚Your Money or Your Life‘ pages, or YMYL.“

Search Quality Evaluator Guidelines

Für YMYL-Websites gelten besonders hohe Anforderungen, weil hier die negativen Auswirkungen falscher Informationen besonders gravierend sind. Es stehen – überspitzt formuliert – Geld oder Leben (oder beides) auf dem Spiel. Seiten mit geringer Qualität oder Falschinformationen können Glück, Gesundheit, finanzielle Stabilität oder Sicherheit negativ beeinflussen. Denn zu den typischen Themen, die von YMYL-Websites abgedeckt werden, gehören:

  • News / aktuelle Ereignisse: vor allem Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie (Sport und Unterhaltung zählen dagegen nicht zu YMYL).
  • Bürgerschaftliches Engagement / Regierung / Recht: Wahlen, Ministerien, öffentliche Institutionen, soziale Einrichtungen, rechtliche Angelegenheiten
  • Finanzen: Finanzberatung, Investitionen, Steuern, Altersvorsorge, Kredite, Bankkonten, Versicherungen …
  • Einkaufen: vor allem Online-Shops, aber auch alle Websites, bei denen man online etwas kaufen kann
  • Gesundheit / Sicherheit: medizinische Hinweise, Medikamente, Krankenhäuser, Vorsorge für Notfälle, aber auch Informationen, wie gefährlich bestimmte Aktivitäten sind
  • Gruppenspezifische Informationen: zum Beispiel im Zusammenhang mit Rasse / ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter, Nationalität, sexueller Orientierung, Gender …
  • Sonstiges: Fitness, Ernährung, Immobilien, Bildung, Arbeitssuche …

Bei den YMYL-Seiten spielen die E-A-T-Qualitätsmaßstäbe eine große Rolle. Nicht zuletzt aus diesem Grund waren auch Websites aus dem Gesundheitsbereich vom Core-Update im August 2018 – dem inoffiziell so bezeichneten „Medic-Update“ – besonders betroffen. Denn wie sich zeigte, setzt Google bei YMYL-Sites eine formale Qualifizierung voraus, damit der Content das Prädikat „sehr hoch“ erhalten kann. Selbst bei künstlerischen Themen, z. B. Fotografie oder einer Anleitung zum Gitarrespielen, geht es nicht ohne eine irgendwie ausgewiesene Kompetenz:

  • Gesundheit: „High E-A-T medical advice should be written or produced by people or organizations with appropriate medical expertise or accreditation. High E-A-T medical advice or information should be written or produced in a professional style and should be edited, reviewed and updated on a regular basis.“
  • Nachrichten: „High E-A-T news articles should be produced with journalistic professionalism – they should contain factually accurate content presented in a way that helps users achieve a better understanding of events. High E-A-T news sources typically have published established editorial policies and robust review processes.“
  • Wissenschaft: „High E-A-T information pages on scientific topics should be produced by people or organizations with appropriate scientific expertise and represent well-established scientific consensus on issues where such consensus exists.“
  • Finanzen / Recht: „High E-A-T financial advice, legal advice, tax advice, etc., should come from trustworthy sources and be maintained and updated regularly.“
  • Hobbies: „High E-A-T pages on hobbies, such as photography or learning to play a guitar, also require expertise.“

E-A-T: Kein Rankingfaktor – aber maßgebliches Konzept für Content-Qualität

Die Search Evaluator Quality Guidelines zeigen uns, welche Anforderungen Content erfüllen muss, damit er für Google als „qualitativ hochwertig“ gilt. Daher empfiehlt Google auch mit Nachdruck, dass Webmaster und Publisher sich mit dem E-A-T-Modell auseinandersetzen:

„Reading the guidelines may help you assess how your content is doing from an E-A-T perspective and improvements to consider.“

Google Webmaster Central Blog

Auch wenn Websites keine E-A-T-Punkte sammeln können, um bessere Rankings zu erzielen, so verweisen Google-Experten wie Danny Sullivan doch immer wieder auf die Quality Rater Guidelines als Leitfaden für „großartigen“ Content. Trotzdem bleibt es in SEO-Kreisen umstritten, ob E-A-T nicht doch als Rankingfaktor gelten kann – oder zumindest als Hinweis darauf, wohin für Google die Richtung in puncto Weiterentwicklung der Suchalgorithmen geht. Stellvertretend für die Pro- und Contra-Stimmen stehen die Positionen der beiden SEO-Experten Roger Montti und Marie Haynes.

Roger Montti geht davon aus, dass man nicht gezielt für E-A-T optimieren kann. Denn die drei Punkte lassen sich nicht in messbare Metriken überführen:

  • Expertise: „Expertise is a concept, it’s an opinion. You cannot optimize for an opinion or judgment that your content is expert. You can be expert and people may respond to your expertise by forming an opinion that your content is expert.“
  • Autorität: „Authority and authoritativeness are just concepts and are not actual ranking factors or metrics that Google uses. There is no ‘authority’ metric at Google, unless you call PageRank an authority metric.“
  • Vertrauenswürdigkeit: „A specific trustworthiness metric where a site accumulates ‘trust points’ to indicate trustworthiness isn’t something that Google has researched. Link distance ranking is the closest thing that Google might be using that approximates trust, but there is no actual trust score.“

Für Montti handelt es sich bei E-A-T um ein Element, das man nach und nach aufbauen müsse, das sich vielleicht aber auch nur verdienen ließe. Auf jeden Fall sei E-A-T aber kein Rankingfaktor, der sich durch konkrete SEO-Maßnahmen gezielt beeinflussen ließe:

„Those are just descriptions and perceptions of your site and your content, things that your site can be, but not something you optimize for like adding alt tags to your images.“

Roger Montti, Martinibuster

SEO-Expertin Marie Haynes ist dagegen der Ansicht, dass E-A-T zumindest in Grundzügen einen Rankingfaktor darstellt. Sie beruft sich dabei auf ein Whitepaper, das Google 2019 auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorstellte. In dem Whitepaper beschreibt Google, wie das Unternehmen gegen Falschmeldungen in den Suchergebnissen vorgeht, insbesondere bei Google News. Dabei muss auch der Tech-Konzern zugeben, dass es schwierig ist, allein auf der Basis von Algorithmen festzustellen, was „wahr“ ist und was nicht. Gleichwohl suchen die Algorithmen nach bestimmten Signalen, um die Seriosität einer Nachricht einschätzen zu können:

„Our ranking system does not identify the intent or factual accuracy of any given piece of content. However, it is specifically designed to identify sites with high indicia of expertise, authority and trustworthiness.“

How Google Fights Disinformation, Februar 2019

Auch Haynes geht davon aus, dass es keinen E-A-T-Wert oder Score gibt, der sich durch ein paar Optimierungen hier und ein paar technische Anpassungen da positiv beeinflussen ließe. Stattdessen sollten wir uns ihrer Ansicht nach bewusst machen, dass E-A-T ein übergeordnetes Konzept bzw. Modell für eine Vielzahl von Algorithmen ist. In ihrer Gesamtheit erlaubten sie es Google, zumindest die Autorität einer Landingpage oder Website im Allgemeinen für ein bestimmtes Thema oder Themengebiet einzuschätzen. So lässt sich auch die Aussage von Gary Illyes, Webmaster Trends-Analyst bei Google, bei der Pubcon Vegas im vergangenen Jahr verstehen:

„A collection of millions of tiny algorithms that work in unison to spit out a ranking score. Many of those baby algorithms look for signals in pages or content.“

Gary Illyes, Pubcon Vegas 2019

Allerdings ist Haynes nach wie vor überzeugt, dass E-A-T (in welcher Form auch immer) einen Rankingfaktor darstellt:

„It is possible that some of the things that I mentioned in this post are not yet being algorithmically measured. But, it is my belief that if something is mentioned in the QRG (=Quality Rater Guidelines), then Google is either already measuring this algorithmically, or they are working on ways to do this. You do not want to ignore E-A-T!“

Marie Haynes, MH Consulting

In einer späteren Diskussion auf Twitter gab dies auch Googles Danny Sullivan zu: Wenn man den Begriff sehr weit auslegt, ist E-A-T durchaus ein Rankingfaktor.

Interessanterweise verknüpfen viele SEOs das E-A-T-Konzept mit Backlinks. Brian Dean von Backlinko spricht gar nicht von E-A-T, sondern bezeichnet es als „Domain Authority 2.0“. Sein Argument: „Most of Google’s evaluation of E-A-T happens off of your website.“ Sprich: Hochwertige Backlinks von renommierten, vertrauenswürdigen Seiten wertet Google als starkes E-A-T-Signal – vor allem für die Website als Ganzes, die so Autorität für ein bestimmtes Themengebiet erlangt. Und daher sollte auch der Content von Experten auf dem jeweiligen Gebiet stammen:

„So if you want your content to rank in 2020, it needs to be written by people that know their stuff.“

Brian Dean, Backlinko

Content mit Nährwert oder: Wie geht E-A-T-konformes SEO?

Was können also Webmaster und SEOs konkret tun, um ihren Content E-A-T-konform zu gestalten? Meine Kollegin Franziska Dau weist darauf hin, dass sich eigentlich gar nichts grundlegend ändert:

„Viele Empfehlungen für guten Content, die man in den Guidelines nachlesen kann, gelten schon seit Jahren und sollten Website-Betreibern und SEOs daher geläufig sein.“

Franziska Dau, Manager Organic Search bei Performics

Wer also wissen will, wie E-A-T-konformes SEO funktioniert, sollte bei Google die wichtigsten Punkte nachlesen. Und aus unserer langjährigen praktischen Erfahrung können wir sagen, dass sich „hochwertiger Content“ – also kreativer Content „mit Nährwert“ – durch folgende Merkmale auszeichnet:

  • Der Content ist abgestimmt auf die Suchintention. Dadurch kann die Landingpage den Nutzer perfekt ansprechen. Dafür ist eine Keyword-Recherche notwendig, die im Rahmen der SEO-Strategie dann für jede Seite umgesetzt wird.
  • Der Content ist faktengeprüft und verbreitet keine Fehlinformationen, wo es einen wissenschaftlichen Konsens gibt. Unterschiedliche Meinungen sind dessen ungeachtet natürlich immer möglich.
  • Der Content behandelt ein Thema möglichst umfassend und detailliert (holistisch).
  • Der Content ist gut strukturiert, übersichtlich formatiert und aufbereitet und ist orthografisch und grammatikalisch fehlerfrei.
  • Der Content weist weder Keyword-Stuffing noch kopierte oder automatisch erstellte Inhalte bzw. Inhalte von minderer Qualität auf, die dem Nutzer überhaupt keine Erkenntnisse liefern.
  • Der Content kennzeichnet Werbung eindeutig und verzichtet auf Interstitials.
  • News-Portale oder Blogs markieren mit dem „Article“-Markup klar und eindeutig ihren „Main Content“. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Google die Artikel an prominenter Stelle in den Suchergebnissen anzeigt.

Gut recherchierter und verständlich aufbereiteter Content schafft also Vertrauen in die Inhalte auf der Landingpage selbst, den Ersteller und die Website. Zudem hilft der Content dabei, sowohl den Autor als auch die Website zu Marken aufzubauen. Spätestens seit dem Vince-Update aus dem Jahr 2009 weiß man, dass etablierte Marken Rankingvorteile genießen. Warum? Weil für Google sich in einer Marke die Eigenschaften verbinden, die auch E-A-T beinhaltet: Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit. Noch immer gilt der legendäre Ausspruch von Googles damaligem CEO Eric Schmidt:

„Brands are the solution, not the problem. Brands are how you sort out the cesspool.“

Eric Schmidt

Die eigene Marke aufzubauen, die Brand-Voice zu stärken bzw. generell die „Brand-Awareness“ zu erhöhen, geht weit über Onpage-SEO hinaus. Franziska Dau empfiehlt als wichtigste Maßnahmen:

  • Stärken Sie das eigene Backlink-Profil durch Links aus relevanten Themenfeldern. Führen Sie ein Link-Audit durch und entfernen Sie minderwertige Links aus Ihrem Linkprofil.
  • Erstellen Sie neuen, interessanten und unterhaltsamen Content und teilen Sie ihn über Social Media bzw. eine Content-Marketing-Kampagne. Dies bringt zum einen Extra-Traffic auf die Website, zum anderen generieren Sie indirekt wertvolle Backlinks.
  • Investieren Sie Zeit und Geld in PR-Maßnahmen, etwa Vorträge auf Konferenzen und Messen oder Publikationen in Fachmedien. Wichtig ist natürlich auch eine Pflege des öffentlichen Auftritts mittels Reputation Management.
  • Und vergessen Sie nicht die Website, die in den Search Quality Evaluator Guidelines als häufigste Quelle für Bekanntheit und Vertrauenswürdigkeit genannt wird: Wikipedia. Im Idealfall gibt es zu Ihrer Marke einen Wikipedia-Eintrag oder zumindest wohlwollende Erwähnungen, die Ihre Reputation unterstreichen. Mit Wikipedia verhält es sich leider ein wenig wie mit Henne und Ei: Wer einen Eintrag erhält, dessen Autorität unterstreicht er – aber man bekommt keinen, wenn man nicht schon Autorität vorweisen kann.
  • Generell sollten Sie Wert darauf legen, dass Sie gerade in der Online-Welt als Experte für Ihr Thema wahrgenommen werden. Im Idealfall verweisen andere Experten auf Sie und steigern so Ihre Autorität. Allerdings gilt hier dasselbe wie bei Wikipedia: Aller Anfang ist schwer.

Starke E-A-T-Signale auf der eigenen Website

Um die eigene Marke beim Nutzer zu etablieren, ist eine transparente Arbeitsweise notwendig. Damit Ihre Website starke E-A-T-Signale sendet, sollten Sie folgende Elemente integrieren:

  • „Über-uns“-Seite: Sie sollte die wichtigsten Fragen rund ums Unternehmen bzw. die Marke beantworten: „Wer sind wir?“, „Was machen wir?“ und: „Warum können Sie uns vertrauen?“ Um sich als vertrauenswürdig und als Autorität darzustellen, sollten Sie diese Erklärungen mit Preisen, Auszeichnungen und anderen Würdigungen glaubhaft belegen.
  • Nutzerbewertungen: Möglichkeiten zur Bewertung durch Ihre Nutzer, zum Beispiel durch Kontaktformular, Kommentarfunktion, aber auch Einblendung von Kunden-Testimonials.
  • Trust-Siegel und Zertifikate: Bekannte und renommierte Siegelgeber sind Trusted Shops, Trustpilot, Stiftung Warentest, Handelsblatt, Focus Money …
  • Servicebereich: Kontaktinfos, Liefer- und Zahlungsbedingungen, Impressum, AGB, DSGVO. Hilfreich ist auch ein Pressekontakt bzw. ein eigener Pressebereich.

Für YMYL-Seiten, zum Beispiel Medizinportale oder News-Sites, kommen einige Besonderheiten hinzu. Sie sollten folgende Elemente klar kennzeichnen:

  • Wer hat den Content erstellt (Text verfasst, Video produziert …)?
  • Welche Quellen wurden verwendet?
  • Über welche Erfahrung und welche fachliche Expertise verfügt der Autor

Onmeda.de Beispiel für medizinische Ratgeberseite

Beispiel für medizinische Ratgeber (Abb. 1): Die Beiträge des Gesundheitsportals Onmeda werden durch Fachautoren und wissenschaftliche Quellen untermauert. (Quelle: onmeda.de)

Apotheken-Umschau Beispiel für medizinische Ratgeberseite

Beispiel für medizinische Ratgeber (Abb. 2): Das Portal der Apotheken-Umschau verweist darauf, dass seine Inhalte von medizinischen Experten geprüft werden. (Quelle: apotheken-umschau.de)

 

Vor allem bei YMYL-Websites ist es wichtig, dass der Content von Menschen stammt, die über eine nachgewiesene formale Qualifizierung für das Themengebiet verfügen. Eine Autorenseite kann dabei als Online-Profil dienen, das alle Signale für Expertise und Autorität bündelt. Es bietet sich an, dort eine Kurzbiografie sowie Links zu allen Beiträgen des Autors auf der Website, aber auch zu anderen vertrauenswürdigen bzw. renommierten Magazinen, Portalen oder Konferenzen aufzuführen, bei denen der Autor Beiträge veröffentlicht hat.

Netdoktor.de Beispiel für medizinische Ratgeberseite

Beispiel für medizinische Ratgeber (Abb. 3.1): Netdoktor weist der Autoren an prominenter Stelle als Experten aus. (Quelle: Netdoktor.de)

 

Netdoktor.de Beispiel für medizinische Quellenangaben

Beispiel für medizinische Ratgeber (Abb. 3.2): Bei Netdoktor werden wissenschaftlichen Quellen und Autoreninformationen ebenfalls detailliert aufgeführt. (Quelle: Netdoktor.de)

Autorenseite vor allem ein Autoritätssignal an Nutzer

Wichtig zu beachten: Eine Autorenseite ist nicht per se ein Rankingsignal! Autorenbiografien lassen sich leicht fälschen, wodurch Tür und Tor offen stehen für Manipulationen aller Art. In einem Webmaster-Hangout betonte deshalb auch John Mueller, dass Autorenseiten kein (technisches) Muss seien, um zu zeigen, wie großartig die Content-Ersteller sind. Eine Einschränkung stammt von Gary Illyes Bei sehr bekannten Autoren ist es gut möglich, dass Google sie als Autoritäten wahrnimmt – allerdings nicht in ihrer Funktion als Autor, sondern weil Google sie bereits als Entität in den Knowledge Graph aufgenommen hat.

„In web search, we have entities for very popular authors, like if you were an executive for the Washington Post, then you probably have an entity. It’s not about the author, it’s about the entity.“

Gary Illyes, Pubcon Vegas 2019

Wie so häufig, sollten Webmaster und SEOs Autorenbiografien nur dann hinzufügen, wenn sie vor allem für ihre Nutzer einen Informationswert bieten und besondere Signale in Richtung E-A-T aussenden. Ein bedenkenswerter Hinweis, der wohl jedoch eher den Idealfall beschreibt, findet sich im Moz Q&A Forum:

„If you have authors who have substantive, long-term, quality education, experience, and work history, then that, I believe will do something for you. If your authors have a publication history on important sites, with lots of links and citations for their work from government agencies, academic publications, professional societies – all of this that you can link to, then you have built a gold mine.“

User EGOL im Moz Q&A Forum

Etwas pragmatischer formuliert es SEO-Expertin Haynes:

„If people in authoritative places are truly mentioning you because they want to recommend you, then this is the type of thing that can speak to your authority.“

Marie Haynes

Fazit: Mit E-A-T liegt der Fokus (immer noch) auf hochwertigem Content

E-A-T ist weder ein bislang unbekannter Rankingfaktor noch Googles „secret sauce“, um Top-Suchergebnisse im Handumdrehen zu erzielen. Wenn, dann handelt es sich bei E-A-T eher um den Treibstoff, der die Rakete (sprich: die Website) bis in die Erdumlaufbahn (sprich: eine Top-Position in den SERPs) katapultieren kann – Betonung auf „kann“, denn ohne die richtige Technik und Organisation im Hintergrund nützt auch der beste Treibstoff nichts. Hilfreicher ist es, E-A-T weiterhin als Konzept zu verstehen, das Menschen – den Search-Evaluatoren – dabei hilft, die Qualität einer Webseite oder der Website im Allgemeinen zu bewerten.

Da diese Bewertungen in der Weiterentwicklung der Google-Algorithmen berücksichtigt werden, lässt sich schon sagen, dass sie Einfluss auf (spätere) Rankings haben. Allerdings ist dieser Einfluss indirekt und immer über mehrere Ecken gedacht. Dass das E-A-T-Konzept ein direkter Rankingfaktor ist, lässt sich dagegen ausschließen. In jedem Fall ist E-A-T eng mit den Themen Onpage-Content und Backlinks verknüpft, die beide zu den wichtigsten Rankingfaktoren zählen. Zumindest lässt sich belegen, dass E-A-T bei YMYL-Websites als „negativer“ Rankingfaktor funktioniert – wer in diesen Bereichen nicht über echte Expertise, große Autorität oder hohe Vertrauenswürdigkeit verfügt, muss mit Rankingverschlechterungen rechnen.

Während Rankingfaktoren wie Seitenladegeschwindigkeit oder Click Trough Rate (CTR) gut gemessen werden können, bedarf die Analyse von „Qualität“ notgedrungen eines anderen Maßstabs. Webmaster und SEOs erhalten mit den Search Quality Evaluator Guidelines aber einen Leitfaden, der erklärt, wie hochwertiger Content aus Sicht von Google aussieht und welche Signale für Nutzer eine Rolle spielen. Ist die eigene Website noch nicht E-A-T-konform, sollten Sie in umfassenden, gut recherchierten und vertrauenswürdigen Content investieren. Und alles daransetzen, dass sowohl die Autoren als auch die Website Ihre (Online-)Reputation stärken. Wer seine Website nach E-A-T-Maßstäben gestaltet, verbessert auf jeden Fall ihre Gesamtqualität und kann somit mit Rankingvorteilen rechnen – wobei E-A-T natürlich nie allein steht, sondern immer ein Teil eines umfassenden SEO-Katalogs ist.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Franziska Dau.

Photo by Tim Mossholder from Unsplash

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