Kreativer werden: 7 Tipps für mehr Geistesblitze

22. März 2017

Kreativität ist das Zauberwort der Gegenwart. Angehende Schriftsteller lernen „Kreatives Schreiben“, Großkonzerne pflegen eine „kreative Unternehmenskultur“, Wissenschaftler untersuchen die „katalytische Ausbreitung kreativer Ideen in der Wissenschaft“ (so lautet tatsächlich der Titel eines Aufsatzes). Ganz zu schweigen von all den Alltagssituationen, die uns kreative Spitzenleistungen abverlangen – zum Beispiel, wenn morgens auf dem Weg zur Arbeit die U-Bahn-Linie mal wieder ausfällt.

Abgehetzt und durchgeschwitzt im Büro angekommen, müssen wir gleich ins erste Meeting – das natürlich mit einem Brainstorming beginnt. Gesucht: a) der Ansatz, der das wichtige Projekt noch retten kann, b) das neue Produkt, das zum nächsten Kassenschlager taugt, oder c) der Slogan, der den Kunden vor Begeisterung vom Hocker haut. Egal, just do it! Doch statt eines Gedankensturms herrscht im Kopf Windstille. Keine Idee, nirgends. Dringend bräuchten wir jetzt einen gleißend hellen Geistesblitz, stattdessen scheint geistige Umnachtung um sich zu greifen.

Doch es gibt Strategien, um seinem Kopf wieder etwas Zunder zu geben. Hier folgen 7 Tipps für zündende Ideen:

  1. Denke richtig!
  2. Entspanne dich!
  3. Halte Ideen fest!
  4. Schreibe dich frei!
  5. Probiere Plussing!
  6. Bleibe neugierig!
  7. Schlafe ausreichend!

1. Denke richtig!

Laut Duden handelt es sich bei „Kreativität“ um die „schöpferische Kraft“ des Menschen. Viele denken dabei sofort an spontane Ideen oder intuitive Einfälle, die aus dem Nichts heraus entstehen. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Die andere: Manch’ guter Gedanken kommt nur dann, wenn wir lange konzentriert an einem verzwickten Problem arbeiten. Und zwar so lange, bis wir endlich auf die Lösung gekommen sind – und zwar Schritt für Schritt. Psychologen bezeichnen den ersten Prozess als „divergentes Denken“, den zweiten als „konvergentes Denken“.

Beim konvergenten Denken handelt es sich um einen langsamen Prozess. Der lateinische Ausdruck convergens bedeutet so viel wie „sich einander annähernd“. Und genau das passiert hier auch: Man strebt allmählich der Lösung entgegen. Aufmerksam widmet man sich allen Details, dann analysiert man die verschiedenen Facetten des Problems und vollzieht ihre Verbindungen nach. Das Paradebeispiel, bei der diese Art Denken zum Tragen kommt, ist die mathematische Gleichung: Man tüftelt logisch, rational und konzentriert die gesamte Schrittfolge bis zur Lösung aus.

Der zweite Denkprozess trägt den Fachausdruck divergentes Denken und ist blitzschnell. Übersetzt heißt das lateinische divergens dabei „auseinanderstrebend“ oder „abweichend“. Wir schießen mit einem Köcher voll unterschiedlicher Pfeile auf das Problem – und erleben dann den „Heureka“-Moment, in dem wir scheinbar sofort und unmittelbar – also ohne logisches oder bewusstes Nachdenken – in unseren chaotischen Gedanken eine Struktur erkennen. Damit finden wir die Lösung für ein bestimmtes Problem beinahe intuitiv.

Bislang ordnete die Wissenschaft die beiden unterschiedlichen Denkprozesse jeweils einer Seite des Gehirns zu. Das konvergente, streng rationale Denken wurde in der linken Hemisphäre verortet, das divergente, kreative Denken dagegen in der rechten Hälfte. Die neuere Forschung verwirft aber diese Zweiteilung. Eine strenge Arbeitsteilung im Gehirn ist gar nicht möglich. Das Gehirn ist ein komplexes System, in dem die verschiedenen Teile eng zusammenwirken. Was auch Auswirkungen auf die kreativen Denkformen hat, wie schon der Schriftsteller T.S. Eliot vor 100 Jahren meinte:

Der schlechte Dichter geht gewöhnlich da, wo er bewusst vorgehen sollte, unbewusst, und dort, wo er unbewusst vorgehen sollte, bewusst vor. (The Waste Land, T.S. Eliot)

Das heißt: Wir brauchen beide Denkformen. Das logisch-rationale und das chaotisch-assoziative Denken schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander. Selbst in der Mathematik findet die Intuition ihren Platz. Wir brauchen die inspirierende Idee morgens unter der Dusche, die wir dann im Lauf des Tages aufmerksam und hochkonzentriert ausarbeiten. Und wir brauchen die stundenlange Tüftelei, das Herumfeilen und Herumärgern, um dann urplötzlich die Lösung zu sehen. Oft passiert das dann, wenn wir einen Schritt zurücktreten, abschalten, etwas ganz anderes machen – kurz: wenn wir entspannen.

2. Entspanne dich!

Wenn man Menschen befragt, wann sie auf eine neue Idee gekommen sind, antworten die meisten mit einer oder mehrerer der folgenden Antworten:

  • unter der Dusche
  • beim Joggen
  • beim Tischtennis
  • beim Staubsaugen
  • beim Geschirr spülen
  • beim Fensterputzen
  • auf der Toilette
  • beim Autofahren

Die Gemeinsamkeit: Das alles sind Tätigkeiten, die wir für gewöhnlich als laaaaangweilig bezeichnen. Routinevorgänge, die wir schon hunderte oder tausende Mal gemacht haben. Hier denken wir nicht mehr an die Tätigkeit selbst – es sei denn, es passiert etwas Ungewöhnliches. Zum Beispiel, wenn das Wasser auf einmal eiskalt aus dem Duschkopf schießt. Doch normalerweise beginnen bei solchen gewohnten Vorgängen und Handgriffen unsere Gedanken zu fließen. Unser Denken richtet sich nach innen und lässt sich auf wilde Assoziationsvorgänge ein.

Daher ist es mitunter notwendig, ein Problem ein wenig ruhen zu lassen. Will man die Lösung erzwingen, ist man weiter von ihr entfernt als zuvor. Stattdessen empfiehlt es sich, die Anspannung herunterzufahren, sich für eine Weile nicht zu konzentrieren – und etwas anderes zu tun: eine Dusche zu nehmen, eine Runde Tischtennis zu spielen oder einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen. Bei diesen Tagträumereien schweifen die Gedanken ab – und wir kommen zu Einsichten, die vorher in weiter Ferne schienen.

Manchmal muss man eine Nacht über ein Problem schlafen (siehe weiter unten Tipp Nr. 7), manchmal reicht auch ein Farbwechsel, um kreativer zu werden. Vor allem Blau ist hilfreich. Denn mit Blau assoziieren wir den Himmel und das Meer, einen weiten Horizont und warme Sandstrände. Die Farbe vermittelt ein Gefühl von Sicherheit, automatisch entspannen wir uns. Zugleich werden wir aber mutiger, sind eher bereit, gewohnte Denkwege zu verlassen – und räumen auf diese Weise unserer inneren Assoziationsmaschine einen größeren Platz ein.

3. Halte Ideen fest!

Eine wichtige Quelle für kreative Gedanken liegt gar nicht in uns, sondern befindet sich um uns herum. Denn gute Ideen haben die Eigenschaft, andere gute Ideen anzustoßen. Wie der zündende Funke bei einem Gasherd von Flamme zu Flamme springt, entfacht ein Gedanke einen anderen. Daher sollten wir gute Ideen festhalten: Eigene oder andere, auf die wir zufällig treffen, aber gerade nicht gebrauchen können. Sie dienen uns später als Inspirationsquelle für eigene Überlegungen. Schriftsteller, Journalisten und Werbetexter führen deshalb ein sogenanntes Swipe File.

Als Swipe File eignen sich Karteikärtchen, Notizbücher oder Aktenordner (engl. „file“), in denen man grobe Ideen, erste Skizzen oder Rohfassungen festhält. Die Mappen dienen aber auch als Materialsammlung, man kann Zeitungsartikel, Fotos, Flyer und vieles mehr einheften. Auf der Suche nach Inspiration für eigene Ideen blättert man einfach die Sammlung durch. Kurz, man „klaut“ („swipe“) einfach die besten Geistesblitze der anderen. Heutzutage kann man natürlich immer noch ganz analog ein Notizbuch führen, doch auch digitale Möglichkeiten gibt es einige:

  • E-Mail-Postfach: Zweitnutzung als Online-Speicher. Man kann eigene Ideen und Textskizzen als Entwürfe speichern, sich Links als E-Mails schicken oder auch in einem Dokument sammeln. Zentrale Sammelstelle für alle Newsletter. Kosten: Höchstens für den E-Mail-Account.
  • Pocket: Praktische Read-Later-App. Man speichert Artikel, Videos und Links in einem Online-Account. Inhalte werden auf allen Geräten automatisch synchronisiert, und man kann sie auch offline ansehen. Kostenlos.
  • Evernote: Das Online-Notizbuch schlechthin. Unterstützt werden Text-, Audio-, Bild- oder Video-Formate. Interessante Web-Inhalte können ausgeschnitten und gespeichert werden. Alle Notizen und Inhalte lassen sich mit Schlagworten versehen. Das Notizbuch synchronisiert sich automatisch, Inhalte können mit Anderen geteilt werden. Nur das Basis-Paket ist kostenlos.
  • OneNote: Teil der Office-Familie von Microsoft. Daher kann man problemlos Daten zwischen dem Online-Notizbuch und Word, Excel, Outlook oder SharePoint hin und her schicken. Notizen werden über OneDrive synchronisiert. Kostenlos.
  • Zoho Notebook: Einfaches Online-Notizbuch mit weniger Funktionen als die anderen beiden, kann aber auch ältere Notizkarten wiederherstellen (Version-Tracking). Kostenlos.

4. Schreibe dich frei!

Bei den allerwenigsten Menschen funktioniert Kreativität auf Knopfdruck. Viel eher ist es doch so, dass wir uns in eine kreative Stimmung bringen müssen, bevor die Gedanken sprudeln. Für Texter wirkt das weiße Blatt Papier oder der weiße Bildschirm mit dem einsam vor sich hinblinkenden Cursor daher doppelt bedrohlich, denn es drückt aus: „Im Vergleich zu den brillanten Ideen der anderen wirken meine eigenen Überlegungen banal. Und ich muss endlich anfangen, ansonsten wird das heute nie etwas.“ In dieser Situation droht die klassische Schreibblockade, bei der gar nichts mehr geht.

Doch es gibt eine Methode, die Selbstzweifel zu vergessen und den Knoten im Kopf zu lösen: das Freewriting. Dabei handelt es sich um eine klassische Kreativitätstechnik, die von Peter Elbow entwickelt wurde. Sie funktioniert so ähnlich wie die Aufwärmübungen von Sportlern. Beim Freewriting legen wir einfach mit dem Schreiben los, ein Thema gibt es nicht. Wir notieren einfach alles, was uns gerade durch den Kopf geht. Und zwar ohne nachzudenken oder aufzuhören. Im Idealfall schreibt man mit der Hand, man kann die Methode aber auch auf dem Rechner anwenden.

Die Regeln sind einfach:

  1. Entspanne dich. Vergiss Rechtschreibung und Grammatik. (Das ist sogar die wichtigste Regel!)
  2. Lege eine Stoppuhr neben dich (Armbanduhr, Smartphone, …). Stelle einen Countdown zwischen 5 und 10 Minuten ein.
  3. Drücke auf Start. Und dann beginne zu schreiben. Schreibe alles auf, egal, woran du gerade denkst. Die Form ist egal: Ganze Sätze, Stichpunkte, Wortgruppen, einzelne Wörter – alles zählt gleich viel.
  4. Kommst du ins Stocken oder fällt dir nichts mehr ein, wiederhole die letzten Stichpunkte und Wortgruppen. Oder du machst einfach Kringel. Oder du schreibst „Mir fällt nichts ein“. Nur unterbrich bloß nicht den Schreibfluss!
  5. Wenn die Zeit um ist, höre auf. Du brauchst den Text niemandem zu zeigen.

Man kann das Freewriting auch dazu nutzen, sich in ein bestimmtes Thema einzuarbeiten. Dann gibt man sich zu Beginn das zentrale Stichwort vor und schreibt alles auf, was einem dazu einfällt. Bei vielen Sachverhalten wird sich herausstellen, dass wir bereits mehr darüber wissen, als uns bewusst ist. Wenn die Zeit um ist, gehen wir den Text gründlich durch und trennen die Spreu vom Weizen: Alle nützlichen Gedanken werden unterstrichen und bilden den Ausgangspunkt für die anschließende Ausarbeitung des eigentlichen Textes.

5. Probiere Plussing!

Brainstorming ist die wohl bekannteste Technik, um kreativer zu werden und neue Ideen zu finden. Entwickelt wurde das Brainstorming von Alex F. Osborne, einem der Gründer der Werbeagentur BBDO. Das Prinzip: Man nehme eine kleine Gruppe von Mitarbeitern und setze sie zusammen in einen Raum. Hier sollen sie nun zu einem bestimmten Thema alle Gedanken äußern, die ihnen einfallen. Ideen anderer kann man aufgreifen und weiterspinnen, Kritik ist verboten. Je mehr Ideen zusammenkommen, desto erfolgreicher das Brainstorming.

Der Haken: Brainstorming funktioniert nicht. Es ist zwar schön (und auch sozial), sich mit seinen Kollegen zusammenzusetzen. Weil die Methode sich schnell so großer Beliebtheit erfreute, wurde sie schon früh von Wissenschaftlern begleitet. Bereits die ersten Studien zeigten, dass die Methode nicht die versprochenen Ergebnisse lieferte. Brainstorming-Gruppen entwickeln weniger und schlechtere Ideen als die gleiche Anzahl von Menschen, die sich jeweils allein zum Thema Gedanken machen. Laut Forschung erweist sich gerade das Kritikverbot als Hemmschuh, um kreativer zu werden.

Doch wie kann man Kritik und Widerspruch produktiv nutzen, ohne dabei die Gefühle der Kollegen zu verletzen? Eine geeignete Methode nennt sich „Plussing“ und wurde vom Animationsstudio Pixar (Toy Story, Cars, Findet Nemo) perfektioniert. Jeden Morgen treffen sich die Animatoren, Ingenieure und Entwickler, um die Arbeit des Vortages zu besprechen. Bei den Meetings wird kein Blatt vor den Mund genommen, es geht mitunter hitzig zu – schließlich soll auch der kleinste Fehler im fertigen Film ausgemerzt sein.

Doch Pixar stellt mit dem Plussing sicher, dass die Diskussionen nicht aus dem Ruder laufen. Wer einen Fehler bei einem Kollegen benennt, soll diesen gleichzeitig motivieren, weiterzumachen. Daher basiert das Plussing eben auf dem Plus: Jede Kritik muss bereits einen konkreten Vorschlag zur Verbesserung enthalten. So konzentriert sich der Betroffene weniger auf die Kritik, sondern denkt mehr über die Korrektur nach. Nicht alle Ideen, die in oder nach den Meetings entstehen, finden sich später in den Filmen wieder. Doch diese wären ohne das Plussing nie so gut geworden.

6. Bleibe neugierig!

Kinder wollen viel wissen: Warum ist die Banane krumm? Wieso fliegt ein Flugzeug? Woher kommen die Löcher im Käse? Und bekommt der Specht eigentlich Kopfschmerzen, wenn er gegen den Baumstamm hämmert? Eltern rollen bei so vielen Fragen irgendwann genervt mit den Augen. Laut Psychologen wollen Kinder bis zu 65 Mal am Tag wissen, wie die Welt um sie herum funktioniert. Erwachsene stellen dagegen im Durchschnitt gerade einmal vier Fragen, um neue Kausalitäten zu verstehen. Die Neugierde des Vierjährigen scheinen wir beim Älter-Werden irgendwann verloren zu haben.

Das ist schade, denn die Neugierde macht auch Erwachsene kreativer. Wer Fragen stellt, gibt sich nicht mit dem Status quo zufrieden. Er möchte die Ursache für etwas herausfinden, eine Selbstverständlichkeit auf den Prüfstand stellen. Kurz: Er will die Antwort auf seine Frage erhalten. Viele große Erfindungen wurden ja nur gemacht, weil sich jemand über ein bestimmtes Phänomen gewundert hat und der Sache nachgegangen ist. Dieses Suchen gibt der Kreativität den Extra-Kick. Der Science-Fiction-Autor (und Biochemiker) Isaac Asimov schrieb dazu:

Der aufregendste Satz in der Wissenschaft – derjenige, der neue Entdeckungen ankündigt – ist nicht „Heureka!“, sondern: „Das ist ja komisch …“.

Zu diesen neugierigen Forschern gehörte Percy Spencer. Der Ingenieur hatte nie studiert, sondern sich alle Fähigkeiten selbst aneignet. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er bei dem Elektronikhersteller Raytheon, der im Auftrag der US-Armee an einer Radaranlage forschte. Eines Tages stellte der Ingenieur fest, dass bei Experimenten mit dem Radar die Schokoladenriegel in seiner Tasche binnen kurzem geschmolzen waren. Spencer führte weitere Experimente durch – und konstruierte die erste funktionstüchtige Mikrowelle. Ein Freund sagte später über ihn:

„Percy Spencer ist der neugierigste Mensch, den ich kenne. Bis heute besitzt er den intensiven Erkundungsdrang eines kleinen Kindes.“

Spencer hat sich bis ins hohe Alter die Fähigkeit erhalten, offen für Neues zu bleiben. Ein Percy Spencer steckt in jedem von uns. Daher sollten wir uns auch bei der Arbeit nicht scheuen, die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen. Und Fragen stellen: wieso, weshalb, warum? Je breiter wir dabei nach Informationen suchen, desto besser. Bevor wir also mit dem nächsten Projekt sofort loslegen, sollten wir uns Zeit nehmen und in Ruhe alles sichten, was das Thema hergibt. Auch was nicht auf den ersten Blick als nützlich erscheint, kann später zum Geistesblitz führen – und den Durchbruch bedeuten.

7. Schlafe ausreichend!

In unserer Gesellschaft kommt die Nachtruhe viel zu kurz. Im Durchschnitt schlafen wir 1 bis 1,5 Stunden weniger als noch vor 50 Jahren – obwohl das biologische Schlafbedürfnis gleich geblieben ist. Doch Leistungsdruck und Always-on-Mentalität führen dazu, dass wir uns immer weniger Schlaf gönnen. Dabei sind 6 Stunden Nachtschlaf die Untergrenze für einen Erwachsenen, sagen Wissenschaftler. Das Optimum liege zwischen 7 und 8 Stunden. Nur dann ist der Wechsel von Traum- und Tiefschlaf-Phasen möglich, der uns Erholung bringt.

Während kurzzeitige Schlafdefizite sich noch relativ einfach ausbügeln lassen, sieht die Sache bei längerem oder dauerhaftem Schlafmangel anders aus. Wenn wir nur 4 Stunden pro Nacht schlafen, müssen wir mit einer Reihe negativer Konsequenzen rechnen: zum Beispiel chronischer Müdigkeit den Tag über, einer herabgesetzten Lernfähigkeit und mangelhaften Gedächtnisleistungen. Zudem können wir uns weniger und schlechter konzentrieren. Ausgeschlafen arbeiten wir dagegen schneller – und sind wacher und aufmerksamer, wodurch uns auch weniger Fehler passieren.

Zudem ist der Schlaf wichtig, damit wir unsere Kreativität entfalten können. Zwar ist vieles von dem, was wir nachts träumen, kaum zu gebrauchen – doch manchmal sind echte Perlen darunter. Denn während wir schlafen, bildet unser Gehirn überraschende Assoziationen zwischen entfernt liegenden Gedanken aus. Diesen Prozess hatten wir weiter oben als „divergentes Denken“ kennengelernt. Es ist der Schlüssel zu Aha-Erlebnissen und Geistesblitzen – und auch der Grund, dass wir oft die Lösung für ein Problem erst dann finden, wenn wir eine Nacht drüber geschlafen haben.

Fazit: Wir alle können kreativer werden

Auch wenn Kreativität das Zauberwort unserer Gegenwart ist, verbirgt sich doch keine Magie dahinter. Brillante Ideen zu haben, ist nicht das Privileg einiger Auserwählter, die Neues aus dem Nichts schöpfen. Nein, wir alle können kreativer denken – wir müssen uns nur manchmal dafür „warmlaufen“, manchmal uns von den Ideen anderer Menschen inspirieren lassen, manchmal die Welt einfach aus den Augen eines Kindes betrachten – und manchmal auch einfach mal nichts tun. So vorbereitet dauert es nicht lange, bis der nächste Geistesblitz mit voller Wucht einschlägt.

Zum Lesen: Viele Anregungen zu diesem Artikel verdanke ich dem Buch von Jonah Lehrer: Imagine! Wie das kreative Gehirn funktioniert. Aus dem Englischen von Enrico Heinemann. München: C.H.Beck 2014. Inspirierend!

Zum Anschauen: Henning Beck – Neurowissenschaftler, Autor und Deutscher Meister im Science Slam im Jahr 2012 – erklärt in einem TEDx-Talk, was eigentlich ein Gedanke ist und warum Menschen anders denken als Maschinen.

Bildnachweise (von oben nach unten): Clinton Naik, Tim Gouw, Arek Adeoye, Yasin Aribuga, Luis Llerena, Green, Crew, Hernan Sanchez, Clinton Naik (alle Unsplash).

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