Podcasts: Mit der Zielgruppe am Küchentisch

18. November 2019

Warum sich Audio-Content als Marketing-Instrument für Unternehmen lohnt


Sie heißen „Fest & Flauschig“, „Hotel Matze“ oder „Herrengedeck“. Und sie sind wahlweise das „nächste große Ding“ (Sara Weber von LinkedIn), der „Mega-Hype am Audio-Markt“ (Bernard Domenichini von ARD-Werbung Sales&Services/ASS) oder einfach „Netflix für die Ohren“ (Benedikt Frank in der Süddeutschen Zeitung). Die Rede ist von: Podcasts. Seitdem sie nicht mehr umständlich über einen RSS-Feed abonniert werden müssen, sondern auch bei den einschlägigen Streamingdiensten wie Spotify und SoundCloud laufen, ist der Zugang zur vielfältigen Welt der Podcasts so leicht wie noch nie. Mit „Apple Podcasts“ und „Stitcher“ stehen sogar zwei Apps zur Verfügung, die sich ganz auf das gesprochene Wort konzentrieren.

Podcasts sind das „neue Radio“

Als Format sind Podcasts seit gut drei Jahren aus der Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken; nach Hörbüchern und Musik-Streaming sind es nun sie, die einen Höhenflug und die damit verbundene hohe Aufmerksamkeit erleben. Jeder scheint dabei zu sein: Radiosender bieten ausgewählte Sendungen zum Nachhören an und produzieren eigene Formate fürs Internet. Die großen Zeitungen und Magazine flankieren News und Analysen, Reportagen und Hintergrundberichte mit Audio-Beiträgen. In seinem „Debatten-Podcast“ für Spiegel Online nutzt Sascha Lobo zum Beispiel die Gelegenheit, um auf Leserkommentare zu seiner wöchentlichen Kolumne einzugehen: Audio-Content als Erweiterung von Print.

Professionelles Mikrofon mit Kopfhörern

Dazu kommen die vielen semi- und vollprofessionellen Podcasts, die sich mit allen möglichen Themen beschäftigen, die einem im Leben so begegnen können: neueste Geschichte und alte Kriminalfälle, König Fußball und Kaiser Fernsehen, derbe Comedy und leichte Wissenschaft, nostalgische Erinnerungen an Computerspiele vergangener Millennia und das (gar nicht so) traurige Liebesleben (gar nicht so) einsamer Städtebewohner – es gibt wohl kaum ein Thema, das nicht tauglich für einen Podcast wäre. Und dem die Nutzer, deren Aufmerksamkeitsspanne ja angeblich kürzer ist als die eines Goldfischs, bereit sind, stundenlang zu folgen – beispielsweise gehen einzelne Episoden der „Kack und Sachgeschichten“ (Zweitplatzierter beim Podcast Preis 2019, auch den gibt es mittlerweile) schon mal knapp drei Stunden!

Auch im Digitalbusiness sind Podcasts schwer im Kommen. So bietet Spotify die Funktion an, sich eine eigene Podcast-Playliste zu erstellen. Man kann Podcasts zu existierenden Playlisten hinzufügen, so dass sich zum Beispiel für lange Autofahrten ein Mix aus Musik- und Talkformaten kuratieren lässt. In den USA können Nutzer bei Google bereits gezielt nach Podcasts suchen und diese dann auch direkt über die Google-Suchergebnisse anhören. Auch der Google Assistant soll in den nächsten Monaten um eine entsprechende Funktion erweitert werden, erklärte Zack Reneau-Wedeen, Product Manager für Podcasts bei Google gegenüber dem Onlinemagazin The Verge. Das Ranking werde von der bisherigen Klickzahl des Podcasts oder der Relevanz des Publishers für die Suchanfrage abhängen. Das lässt vermuten, dass für Podcaster SEO in Zukunft eine größere Rolle spielen könnte.

Die zweite Welle der Podcasts

So einfach es heutzutage ist, von morgens bis abends ausschließlich Podcasts zu lauschen, so vielfältig ist die Podcast-Landschaft – auch Video-Formate auf YouTube, bei denen man Podcastern beim Podcasten buchstäblich über die Schulter schauen kann, werden immer beliebter. (Diese bekannte Podcasterin ist sogar seit 2006 dabei.) Und obwohl das Trendbarometer in Sachen Podcasts im Moment bei sengend heiß steht – brandneu ist das Format selbstverständlich nicht. Für die Wikipedianer beginnt die Geschichte des Podcastings (nach einigen Vorläufern in den 1980er-Jahren) um die Jahrtausendwende, als i2Go (einer der ersten Hersteller von MP3-Playern) auf seinen Geräten den Download von Audio-Content aus dem Internet und die Speicherung auf seinen tragbaren Geräten ermöglichte.

So richtig in Gang kamen Podcasts allerdings erst mit dem iPod. Von Apples tragbarem Player leitet sich auch der erste Teil des Begriffes ab, den vermutlich der Journalist Ben Hammersly im Guardian prägte. (Zur Auswahl standen noch „Audioblogging“ und, mein Favorit, „GuerillaMedia“.) Übrigens: Apples Bezeichnung „pod“ stellt selbst eine kleine Anspielung auf Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker 2001: Odyssee im Weltraum dar. Der zweite Teil „cast“ stammt vom englischen Ausdruck für Radio – „broadcast“ – ab, weil vor allem Radiosender ausgewählte Programme zur Verfügung stellten. Die erste Welle von Podcasts bildeten, so könnte man das Ganze sehr grob zusammenfassen, Radiosendungen, die sich später und irgendwo nachhören ließen. „Radio zum Mitnehmen“, wie es bis heute beim WDR heißt. Wichtig für den Durchbruch war aber auch die Integration des RSS-Feeds – so ließen sich Podcasts gezielt abonnieren und automatisch auf den iPod downloaden.

Frau mit Kopfhörern schaut auf ihe Smartphone

Um 2005 waren Podcasts schließlich so angesagt, dass das New Oxford American Dictionary den Begriff sogar zum „Wort des Jahres“ kürte. Doch dann wurde es auf einmal still um Podcasts. Der Grund: Mit der Erfindung des Smartphones verlagerte sich das Interesse auf Facebook und Twitter, und der iPod verschwand still und leise in der Versenkung. Auch die Aufregung um Podcasts ließ merklich nach. Wobei sie nie völlig von der Bildfläche verschwanden. Bekannte Formate wie die „Ricky Gervais Show“, die immerhin bis 2013 einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde für den am häufigsten heruntergeladenen Podcast hielt, und die vor allem in den USA erfolgreiche Radiosendung „This American Life“ (TAL) produzierten weiterhin Episode um Episode.

Erst die Veröffentlichung neuer Formate wie „Serial“ (ein Spin-off von TAL, dessen erste Staffel im Jahr 2014 veröffentlicht wurde) und „The Daily“ (ein täglicher News- und Interview-Podcast, den die New York Times im Februar 2017 startete) brachten so viel neuen Schwung ins Podcasting, dass diese zweite Welle bis heute größer und größer wird. Seitdem ist eine Vielzahl unterschiedlichster Podcasts zu allen möglichen Themen veröffentlicht worden. (Von denen viele, das muss man leider sagen, nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwanden.) Auch bei uns in Deutschland ist das Thema erst seit rund fünf Jahren wieder aktuell, vor allem in den letzten zwei Jahren hat sich der Markt rasant entwickelt. Und wie sich zeigt, ist die erste Experimentierphase bereits vorbei – Podcasts professionalisieren sich zunehmend, so die Beobachtung.

Was ist überhaupt ein Podcast?

Eines haben die Podcasts der ersten und der zweiten Welle gemeinsam: Beim Podcast ist der Hörer nicht an feste Sendezeiten gebunden wie beim Radio. Stattdessen legt er selbst fest, wann und wo er sich den Podcast anhören will. Wie Streamingdienste ermöglichen also auch Podcasts eine „non-lineare Mediennutzung“, wie man unter Medienforschern sagt. Könnte man dann nicht einwenden, dass Podcasts eigentlich nur alter Wein in neuen Schläuchen sind? Ich denke, dass das nicht der Fall ist. Schaut man sich prominente Vertreter der ersten Podcasts und aktuelle Beispiele an, kann man deutliche Unterschiede finden. Ging es anfangs vor allem darum, wie Podcasts sich technisch umsetzen lassen, spielt heute der Inhalt die Hauptrolle.

Podcast als Technik

Nicht jede Audiodatei, die man irgendwo im Internet zur Verfügung stellt, ist im technischen Sinne auch ein Podcast. Tatsächlich spricht man erst dann von „Podcasts“, wenn die Audiodateien eine feste URL haben und über einen RSS-Feed zugänglich sind. Podcasts kann man über sogenannte „Podcatcher“ (spezielle Apps) oder über Playlists (bei Spotify, SoundCloud, Audible etc.) abonnieren. Wird eine neue Folge hochgeladen, aktualisiert sich der RSS-Feed; der Nutzer kann die Folge downloaden oder im Stream anhören. Zu Podcasts im technischen Sinne gehören auch alle Radiosendungen, die neben ihrer Ausstrahlung im Live-Radio eben auch als Podcast verbreitet werden.

Mischpult liegt neben einem Macbook

Podcast als Inhalt

Um Formate wie „Fest & Flauschig“ oder „Rasenfunk“ (laut Südwest Presse der „Kicker“ unter den Fußball-Podcasts) von den Zweitverwertungen „normaler“ Radiosendungen zu unterscheiden, gibt es noch eine inhaltliche Definition für Podcasts. Dabei fällt selbst Profis eine konkrete Eingrenzung schwer: „Es gibt nicht die eine inhaltliche Form, die einen Podcast ausmacht. […] Es gibt aber Formate, die sich vom klassischen Radio stark unterscheiden […]. Oft unterscheiden sie sich in der Ansprache, nehmen die Hörer mit auf die Recherche und richten sich bei der Länge nicht nach einem Sendeschema“, heißt es beispielsweise bei Podigee – einer Veröffentlichungsplattform für Podcasts.

Betrachtet man aber die Podcast-Szene etwas genauer, scheinen vor allem zwei Formate zu dominieren: Talks und serielle Erzählweisen.

Im Gespräch: Talk-Podcasts

Alle Podcasts, in denen sich zwei oder mehr Menschen über ein bestimmtes Thema unterhalten, lassen sich grob dem Talk-Modell zuschlagen. Auch hier bildet „Fest & Flauschig“ sozusagen den Prototyp des (Sub-)Genres, wenn nicht sogar für den Podcast an sich. Das Niveau der verschiedenen Podcasts ist durchaus – sagen wir mal: durchwachsen: Einige Gastgeber sind wahre Experten in ihrem Thema oder laden sich Autoritäten ihres Fachs ein, die dann mit kniffeligen Fragen gelöchert werden. Andere Podcasts wirken eher improvisiert, immer mit der Gefahr verbunden, dass das Gespräch dahinplätschert oder zwischen Gott und der Welt mäandert.

Solche „Laber-Podcasts“, wie sie manchmal etwas despektierlich genannt werden, lassen sich ohne größeren Aufwand produzieren: Zwei gesprächsbereite Menschen am Mikrophon reichen für den Anfang aus. Weder müssen Texte vorformuliert noch Einspieler vorproduziert werden. Talk-Podcasts versprühen eine intime „Lo-Fi“-Atmosphäre: Der Hörer hat den Eindruck, er oder sie sitze mit den Gastgebern des Podcasts „auf dem Sofa“ oder „am Küchentisch“. Auch Versprecher oder Lachsalven werden so gut wie nie herausgeschnitten, was in den meisten Fällen authentischer und menschlicher wirkt.

In Serie: Storytelling-Podcasts

Ein zweites Format, das typisch für Podcasts ist, ist die fortlaufende Erzählung. Erfundene Stoffe wie die RBB-Produktion „Nochmal Nr. 1“ spielen quantitativ eine untergeordnete Rolle, qualitativ sind sie aber stilprägend. So gehört die Mystery-Serie „Welcome to Night Vale“ in den USA zu den bekanntesten und langlebigsten Formaten. Seit 2012 gibt es alle 14 Tage eine neue Folge über die Geschehnisse in der fiktiven Wüstenstadt. Aufgemacht als Sendung einer lokalen Radiostation kann man die Episoden zwar auch einzeln hören, im Hintergrund entwickeln die Autoren aber immer auch längere Storybögen weiter und verknüpfen die einzelnen Episoden, zum Beispiel durch Running Gags wie dem Auftritt einer leuchtenden Giftgas-Wolke („the Glow Cloud“).

Typische Elemente des „seriellen Erzählens“ bzw. Storytelling findet man auch bei faktenorientierten Podcasts, die über mehrere Episoden hinweg eine Geschichte erzählen. Am bekanntesten ist hier mit Sicherheit der Podcast „Serial“, der sich mit ungeklärten Kriminalfällen beschäftigt. Die erste Staffel mit 12 fortlaufenden Episoden wurde Ende 2014 veröffentlicht und gilt als Wegbereiter weiterer True-Crime-Formate, zum Beispiel „Christin und ihre Mörder“, ebenfalls produziert vom RBB. Im Unterschied zu den Talk-Podcasts sind Serien-Podcasts in der Regel eher „Hi-Fi“, denn sie sind mit einem hohen Produktionsaufwand verbunden.

Smartphone mit Kopfhörern liegt neben einer Tasse Cappuccino

Wer hört Podcasts?

Trotz des ganzen Hypes sollte man nicht darauf vertrauen, dass Podcasts nun plötzlich von jedermann (und jeder Frau) gehört werden. Um die Nutzergruppe(n) etwas genauer in den Blick zu bekommen, erweist sich ein Blick in die aktuelle Onlinestudie von ARD und ZDF als sehr hilfreich. Während im Durchschnitt aller Befragten nur 14 Prozent angaben, sich mindestens einmal in der Woche einen Podcast anzuhören, war der Wert in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen deutlich höher. Hier zählt bereits jeder vierte Befragte zu den wöchentlichen Podcast-Nutzern. Noch eindeutiger sind die Ergebnisse bei Musik-Streaming-Diensten, einer der momentan wichtigsten Verbreitungsplattformen für Podcasts. Dem Durchschnittswert von 28 Prozent aller Befragten, die wenigstens einmal pro Woche einen solchen Dienst aufrufen, stehen satte 66 Prozent der 14- bis 29-Jährigen gegenüber.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Analyse des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Diese Studie ergab, dass bereits ein Drittel der Deutschen regelmäßig Podcasts konsumiert – 13 Prozent hören jeden Tag Podcasts, ein Viertel der Befragten einmal pro Woche. Dabei variiert die Nutzungshäufigkeit nach Alter: Während 44 Prozent der 18- bis 30-Jährigen angaben, wöchentlich oder gar täglich Podcasts zu hören, sind es bei den 31- bis 50-Jährigen nur noch 41 Prozent. „Schlusslicht“ bilden die über 51-Jährigen: Hier hören nur noch 30 Prozent der Befragten häufiger als einmal pro Monat einen Podcast. Weitere Erkenntnisse der YouGov-Studie:

  • Das Smartphone ist für die Nutzer mit Abstand das wichtigste Gerät, um Podcasts abzuspielen.
  • Die beliebtesten Plattformen sind YouTube und Spotify. Jüngere Hörer nutzen vor allem Spotify, ältere Nutzer sind bei YouTube anzutreffen.
  • Die häufigsten Gründe, Podcasts zu hören, sind zur Unterhaltung, um sich über aktuelle Ereignisse zu informieren und um sich neues Wissen anzueignen.
  • Drei von vier Nutzern hören Podcasts am allerliebsten zu Hause, viele gaben aber auch an, sie unterwegs, in Bus und Bahn oder bei der Autofahrt zu hören.
  • Fast die Hälfte der Nutzer hört Podcasts abends (idealerweise auf der Couch).

Podcasts als Werbe-Instrument nutzen

In den Nutzerstudien wird das Bild des „typischen“ Podcast-Hörers in Ansätzen erkennbar: jung, digitalaffin – und bereit, den Podcast in Ruhe zu hören. Dass gerade Ads in Podcasts diese Zielgruppe besser erreichen können als andere Werbemittel (und sogar diejenigen, die Werbung vermeiden), zeigt die aktuelle Studie Audio:Activated, die von BBC StoryWorks (der Branded Content Division von BBC Global News) in Auftrag gegeben wurde. Die Ergebnisse, die mithilfe neurowissenschaftlicher Methoden und Studienteilnehmer aus vier Kontinenten gewonnen wurden, sind vielversprechend:

  • Innerhalb eines Branded Podcasts sticht die Nennung der Marke besonders hervor. Wird eine Marke in einem Podcast genannt, erzielt sie damit 16 Prozent mehr Engagement und bleibt um 12 Prozent länger im Langzeitgedächtnis verhaftet als sonstige Inhalte des Podcasts. Ein außergewöhnliches Ergebnis, sind doch im Radio Erwähnungen von Marken in der Regel 5 Prozent weniger wirksam als Erwähnungen sonstiger Inhalte.
  • Die intime Gesprächsatmosphäre des Podcasts führt aber nicht nur zu einer Steigerung des Engagements für Marken, sondern verhilft auch anderen Kennzahlen zu einem satten Plus: Die Wahrnehmung der Marke steigt um 89 Prozent, die Erwägung um 57 Prozent und die Bevorzugung der erwähnten Marke um 57 Prozent. Die Kaufabsicht erhöht sich immerhin um 14 Prozent.
  • Gerade Menschen, die Podcasts während einer Aktivität hören (Hausarbeiten, Autofahren, Laufen, Einkaufen), sind für Markenbotschaften aufnahmebereiter als solche Hörer, die während des Zuhörens passiv sind. Neurowissenschaftler vermuten, dass sich während der Aktivität das Gehirn auf das Laufen oder Abwaschen konzentriert. Mit der Werbebotschaft kann sich das Bewusstsein nicht so intensiv auseinandersetzen. Die geringere kognitive Belastung ist für das Gehirn aber ein positives Merkmal, weil hier Ressourcen gespart werden. Die Folge: Markenbotschaften, die ansonsten eher ignoriert werden, können quasi unter solchen Schranken „durchrutschen“.
  • Ein Teil der Studienteilnehmer bestand aus sogenannten Werbevermeidern – Menschen, die Werbung aktiv meiden. Bei ihnen war zu beobachten, dass die Kennzahlen für Engagement, emotionale Intensität und Verhaftung im Gedächtnis um 22 Prozent höher lagen als in Vergleichsstudien zum Fernsehen. Mit Branded Podcasts lässt sich diese ansonsten schwer zu erreichende Zielgruppe besser ansprechen.

Für Werbetreibende gibt es verschiedene Möglichkeiten, Podcasts als Werbemittel einzubinden. Die bislang gängige Form ist die manuelle Abwicklung. Der Advertiser kontaktiert den Podcaster, ob er Werbung schalten kann. Stimmt der Podcaster zu, bestehen mehrere Möglichkeiten: Die am häufigsten gewählte Variante ist die sogenannte „Host-Read-Ad“. Bei dieser Form wird der Podcast von einer kleinen Ankündigung eröffnet („Der Podcast heute wird präsentiert von …“), dann liest der Podcaster entweder einen Anzeigentext vor oder formuliert ein eigenes Statement zu Produkt oder Auftraggeber. Diese Form wird auch weitestgehend von der Hörerschaft akzeptiert, wie die Podstars – ein Unternehmen der Kollegen von den Online Marketing Rockstars – bereits im vergangenen Jahr herausfanden. Ein Grund kann sein, dass die Podcaster die Werbetreibenden nach eigenen Vorlieben auswählen („Wie ihr aus vergangenen Sendungen wisst, nutze ich das Angebot selber …“).

Mann mit Kopfhörern steht vor einem durchfahrenden Zug

Eine weitere Möglichkeit ist die Buchung von externen Audio-Spots, die zusätzlich in die Audiodatei eingefügt werden. Unterschieden werden dabei Pre-, Mid- und Post-Rolls – Einblendungen vor dem Podcast, in der Mitte und danach. Die Audio-Spots sind mit Radiowerbung zu vergleichen. Oft werden die Rolls einzeln ausgehandelt, zumindest bei Spotify-Podcasts kann man Mid-Rolls auch automatisch buchen. Doch der Markt ist in Bewegung, mit Audionatives und anderen entstehen derzeit erste vollautomatisierte Werbeplattformen. Werbetreibende müssen nicht mehr Podcaster direkt ansprechen, ob eine Integration des Werbemittels in den Podcast möglich ist und wie die weitere Abwicklung (Preis, Inhalte, Zeitpunkt der Einblendung) vonstattengeht. Stattdessen vermitteln die Plattformen den Kontakt über Suchfunktionen, so dass beide Seiten unkompliziert den jeweils passenden Partner finden können. Ob die Werbewirkung solcher externen, automatisch eingebuchten Spots dieselbe ist wie bei Host-Read-Ads, bleibt aber noch abzuwarten.

Der Branded Podcast

Die Krönung im Podcasting stellt für Unternehmen natürlich ein eigenes Format dar – der Branded Podcast. Als wegbereitend gilt hier „The Message“ von General Electric, eine Science-Fiction-Serie, in der eine frühere Nachricht von Außerirdischen (die Message eben) die entscheidende Rolle spielt. Eher faktenorientiert an das Thema ging McDonalds mit dem Podcast „The Sauce“, in dem die Geschichte der legendären Szechuan-Sauce rekonstruiert wurde, oder eBay mit „Open for Business“, ein Podcast für Startups. Der Pharmakonzern Johnson & Johnson hat mit „Innovations“ (über neueste Trends der Gesundheitsbranche) einen der langlebigsten Branded Podcasts aus der Taufe gehoben.

Mit Audi, der AOK und der Deutschen Telekom haben auch bereits die ersten Traditionsunternehmen aus Deutschland das „neue“ Format für sich entdeckt. Audi hat vor einigen Monaten die zweite Staffel von „Die Zukunft ist elektrisch“, ein Podcast über Elektromobilität, online gestellt. Im „Winkelstammtisch“ der AOK Baden-Württemberg treffen in bislang sechs Folgen frischgebackene Eltern auf Experten rund um die Themen Schwangerschaft und Baby. Und bei „Digitalisierung. Einfach. Machen.“ von der Deutschen Telekom geht es mittlerweile in der fünften Staffel um den digitalen Wandel in Unternehmen. Die Deutsche Bahn kooperiert dagegen mit dem Podcast Gästeliste Geisterbahn, deren Macher exklusive DB-„Specials“ über bahnspezifische Themen (etwa zu BahnCard, Sparpreis oder Bordgastronomie) produzieren.

Eine Anleitung, wie man einen Branded Podcast aufsetzt, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass gerade bei Branded Podcasts aufgrund der zunehmenden Professionalisierung des Formats „einfach mal loslabern“ leider nicht (mehr) reicht. Neben einem kreativen Namen sollten auf jeden Fall die Rahmenbedingungen genau festgehalten werden:

  • Sollen im Podcast bestimmte Themen, die für das Unternehmen oder die Branche typisch sind, vertieft werden? Möchte ich mich als innovative Firma präsentieren und vielleicht im Podcast neue Erkenntnisse, Perspektiven oder Forschungsergebnisse aufzeigen? Geht es mir vorrangig darum, meine Zielgruppe durch lustige oder informative Beiträge an meine Marke zu binden? Oder möchte ich vielleicht Probleme, die Kunden im Kontakt mit meinem Unternehmen haben, auf unterhaltsame Weise lösen – wie bei der Deutschen Bahn?
  • Welches Format soll der Podcast haben? Habe ich charismatische Sprecher, die eine Talkrunde tragen können? Oder möchte ich durch Storytelling bzw. die Nutzung verschiedener Audio-Elemente eher einen Magazin- bzw. einen Reportage-Charakter betonen?
  • Ist sichergestellt, dass der Podcast regelmäßig veröffentlicht werden kann? Gerade bei Podcasts ist es so, dass Beständigkeit für zusätzliches Vertrauen in der Hörerschaft sorgt. Wenn ein bestimmter Rhythmus (einmal im Monat, alle 14 Tage, wöchentlich) nicht einzuhalten ist, wäre auch das Prinzip denkbar, mehrere Folgen in einer „Staffel“ zu produzieren und zu veröffentlichen. Dann lassen sich auch längere Pausen einlegen, die sich beispielsweise für Pre- und Post-Production eignen.
  • Die zeitliche Länge einer Podcastfolge hängt in erster Linie vom Thema und dem Aufwand ab, dem man bereit ist zu investieren. Theoretisch ist alles möglich: von „Flash-Podcasts“ mit einer Länge von ein oder zwei Minuten bis hin zu Mammut-Shows wie dem „12-Hour-Day“ (12 Stunden pro Folge!!!). Man muss auch nicht immer den gleichen zeitlichen Rahmen füllen, kürzere und längere Episoden können sich abwechseln. Bewährt hat sich eine Länge zwischen 20 und 60 Minuten – nicht zufällig auch der Zeitrahmen, den Pendler ungefähr für eine Strecke zwischen Wohnung und Büro benötigen – oder wir alle für die Hausarbeit.

Sich mit Podcasts Gehör verschaffen

Podcasts sind für Unternehmen zunächst ein weiterer Kanal, ihre Zielgruppe anzusprechen. Allerdings müssen sich auch Werbetreibende bewusstmachen, dass man nicht einfach so Herangehens- und Denkweisen aus anderen Kanälen übertragen kann. Podcasts sind ein spezifischer Kanal mit spezifischen Eigenarten. Hörer nutzen Podcasts, um sich zu informieren, neues Wissen zu erhalten und sich unterhalten zu lassen. Und die Rezeption eines Podcasts setzt eine fast schon intime Atmosphäre voraus. Wer diese Rahmenbedingungen nicht respektiert, verliert schnell Glaubwürdigkeit unter den Hörern.

Auch die steigende Vielfalt der Podcast-Landschaft beinhaltet Chancen und Risiken: die Chance, eine bestimmte thematische Nische zu besetzen und das eigene Unternehmen als weithin anerkannten Experten auf diesem Gebiet zu positionieren; und das Risiko, im Rauschen der anderen Podcasts unterzugehen. Doch ob man „nur“ Werbung in einem Podcast bucht oder einen eigenen Branded Podcast veröffentlicht: Man braucht Leidenschaft und Herzblut genauso wie Beständigkeit, feste Ressourcen und eine Strategie, wohin man eigentlich möchte. Was man für diesen Einsatz bekommt: die Aufmerksamkeit der Zielgruppe, und zwar so unmittelbar wie in kaum einem anderen Kanal.

 

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