Im Sport- und Entertainmentbereich sind wechselnde Namensrechte für Sportarenen seit Jahren gang und gäbe. Was Traditionalisten in der Vergangenheit lieb und teuer war, wird heute zugunsten neuer Geldeinnahmen in schöner Regelmäßigkeit für mehrere Jahre an Großkonzerne verschachert. So dürfen Fans des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, die jahrzehntelang ins Frankfurter Waldstadion pilgerten, heute in der Commerzbank-Arena Platz nehmen, und das frühere Leipziger Zentralstadion firmiert heute als Red Bull Arena. Das jüngste Beispiel ist die Berliner O2 World, die ab dem 1. Juli 2015 in Mercedes-Benz Arena umbenannt wird. In Hamburg hingegen bezahlt der Speditions-Unternehmer Klaus-Michael Kühne zukünftig 4 Millionen Euro pro Jahr, damit die Spielstätte des Hamburger Sportvereins, die Imtech Arena, ab Sommer wieder den ursprünglichen Namen Volksparkstadion tragen darf.
Doch neben der Tatsache, dass sie fest im Gedächtnis von Fans und Traditionalisten verankert sind, besitzen all diese Arenen auch eine Internet-Historie – und zwar in Form ihrer Webseiten. Wie verhält es sich also, wenn eine Arena plötzlich neu benannt wird und sich somit auch die zugehörige Internetadresse ändert? Sorgen die Betreiber für einen reibungslosen Relaunch mit 301-Weiterleitungen, um natürlich gewachsene Backlinks und SEO-Power ein Stück weit aufrecht zu erhalten? Oder spielt SEO für diese Branche eher eine untergeordnete Rolle und kann vernachlässigt werden? Beispiele aus der Vergangenheit zeigen unterschiedliche Resultate, wie ein Vergleich der Sistrix Sichtbarkeitsindizes im zeitlichen Verlauf veranschaulicht:
Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit war die Umbenennung der Philipshalle in Düsseldorf in Mitsubishi Electric Halle im Jahr 2011. Die Betreiber der Webseite haben sich dafür entschieden, keine 301-Weiterleitungen einzurichten. Die alte Startseite www.philipshalle.de informiert auf einem One-Pager über die Umbenennung und leitet nach 15 Sekunden via Meta-Refresh auf die neue Domain weiter. Alle anderen Unterseiten wurden schlicht und ergreifend abgeschaltet und führen nun per 404 ins Nirwana. Dies hat zur Folge, dass die alte Startseite bei Google immer noch für weit über 100 Keywords rankt, während die neue Webseite komplett bei null anfangen musste. Entsprechend konnte die neue Domain die alte auch erst im November 2014 in Sachen Sichtbarkeit überflügeln.
Ein ähnliches Schicksal ereilte die oben genannte Hamburger Imtech Arena sogar mehrfach. Das Stadion wurde seit 2001 insgesamt dreimal umbenannt (AOL Arena, HSH Nordbank Arena, Imtech Arena ) bevor es in diesem Sommer wieder seinen ursprünglichen Namen erhalten soll. Bei der letzten Umbenennung 2010 von HSH Nordbank Arena in Imtech Arena entschieden sich die Betreiber ebenfalls für die Kahlschlag-Variante und machten einfach den Host platt. Als Resultat verschwanden alle Keyword Rankings innerhalb einer Woche, und der Sichtbarkeitsindex fiel von 0,5 in der Vorwoche auf 0 – Werte, die die aktuelle Domain imtech-arena.de bis heute nicht erreicht hat.
Einen relativ unorthodoxen Weg wählte man in Stuttgart, wo 2008 das ehemalige Gottlieb-Daimler-Stadion in Mercedes-Benz-Arena umgeflaggt wurde. Die neue Webseite wurde hingegen erst ein Jahr später aufgesetzt, also 2009. Der Relaunch fand in mehreren Etappen statt und zog sich insgesamt bis in den Sommer 2013 hinein, wobei der Verlauf der beiden Sichtbarkeitskurven von einem relativ holprigen Relaunch zeugt. Dieser kam hauptsächlich deshalb zustande, weil bis zu diesem Zeitpunkt fälschlicherweise ein 302-Redirect verwendet wurde anstelle eines korrekten 301-Redirects, wie man über die Wayback Machine erfahren kann. Dadurch behielt Google noch lange Zeit die alte Startseite in seinem Index.
Derselbe Fehler wurde bei der Umbenennung der Kölnarena in Lanxess Arena begangen. Die Umfirmierung fand ebenfalls bereits 2008 statt. Durch den falschen Statuscode 302 beim Redirect verschwand die alte Domain koelnarena.de allerdings erst im Juli 2012 vollständig aus dem Google Index und den Suchergebnissen (http://web.archive.org/web/20120608210842/http://www.koelnarena.de/). Die Redirect-Kette ist auch heute noch nicht komplett fehlerfrei.
Der falsch verwendete Statuscode scheint die häufigste Ursache bei Relaunches dieser Art zu sein. Auch im amerikanischen Boston wurde bei der Umbenennung der lokalen Basketball-Arena von TD Banknorth Garden in TD Garden 2009 noch bis Sommer 2013 der 302-Statuscode verwendet (http://web.archive.org/web/20130725030600/http://www.tdbanknorthgarden.com/).
Sicher kann man darüber streiten, wie relevant ein sauber implementierter SEO-Relaunch für Sportarenen und Mehrzweckhallen ist. Ein Blick in Google Trends und den Google Keyword Planer zeigt jedoch, dass Brand-Searches für die alten Arenanamen immer noch existieren, auch wenn der Trend rückläufig ist:
Darüber hinaus fallen plötzlich Rankings für generische Keywords weg, die vorher womöglich neutrale Besucher und potenzielle Ticketkäufer auf die Webseite gezogen haben. Das Beispiel Philipshalle zeigt auch, dass die Umbenennung solcher Arenen selbst vier Jahre später noch längst nicht bei allen Google Nutzern angekommen ist. Gerade vor dem Hintergrund ständig wechselnder Namensrechte und schnelllebigen Sponsorships ist eine korrekte Weiterleitung von historisch gewachsenen Backlinks unumgänglich, um Nutzer nicht auf eine Fehlerseite zu schicken. Und wenn man sich überlegt, von welchen Webseiten solche Arenen Backlinks und Social Signals bekommen (Sportvereine, Musikkünstler, Kooperationspartner und andere Brands), dann bedeutet ein halbherziger Relaunch schlicht und ergreifend unnötig verschenktes Potential.
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