Brand Voice: So trifft Ihre Marke den richtigen Ton – Performics

28. August 2017

Brand Voice: Wie Sie Ihrem Unternehmen eine unverwechselbare Stimme geben

Manche Schauspieler und Synchronsprecher haben aus ihrer Stimme eine Marke gemacht. Wenn Sie Ihrer Marke eine einzigartige Stimme geben wollen, kommt es nicht nur darauf an, WAS die Marke sagt, sondern auch, WIE sie es sagt.

Ich liebe Hörspiele.

Schon als Kind verbrachte ich unzählige Stunden im Wilden Westen, wo ich mit Winnetou und Old Shatterhand gefährliche Revolverhelden jagte. Oder ich begleitete Jim Hawkins und Long John Silver auf ihrer Fahrt zur „Schatzinsel“. Oder schipperte mit Huckleberry Finn auf einem Floß den Mississippi entlang.

Zu den „Drei ???“ kam ich erst als Erwachsener, doch seitdem bin ich süchtig. Ich kenne alle Folgen, die meisten habe ich mehrfach gehört. Vor allem auf Autofahrten, aber auch beim Abwaschen oder Bügeln habe ich die drei Detektive bei ihren mittlerweile knapp 200 Fällen begleitet. Und obwohl sie nirgends illustriert werden, treten mir Justus Jonas („Erster Detektiv“), Peter Shaw („Zweiter Detektiv“) und Bob Andrews („Recherchen und Archiv“) plastisch vor Augen, sobald ich ihre Stimmen höre.

Das ist zweifellos ein Qualitätsmerkmal der Hörspielbearbeitungen, führt aber zu einem unerwarteten Problem, zumindest bei mir: Plötzlich hörte ich Oliver Rohrbeck überall. Wie Sie vielleicht wissen, leiht Rohrbeck nicht nur Justus Jonas seine Stimme, sondern auch Ben Stiller („Verrückt nach Mary“) und Chris Rock („Rush Hour“). Und schon viel früher Malcolm-Jamal Warner (Theo Huxtable aus der „Bill Cosby Show“). Zuletzt konnte man ihn als Gru in allen drei Teilen von „Ich – Einfach unverbesserlich“ hören.

So viele Rollen, aber nur eine Stimme.

Was das mit Brand Voice zu tun hat? Ganz einfach: Wenn Sie alles richtig gemacht haben, besitzt Ihre Marke eine Stimme wie Oliver Rohrbeck. Sympathisch. Freundlich. Mitreißend.
Vor allem aber: Eindeutig erkennbar.

Die Brand Voice ist ein sprachlicher Ausdruck für die Persönlichkeit eines Unternehmens

Nicht nur für einen Synchronsprecher wie Oliver Rohrbeck – der neben seiner wiederkehrenden Rolle auch ein fantastischer Interpret von Live-Hörspielen ist – ist die Stimme essentiell. Auch für Unternehmen, die sich einer umfangreichen Content-Marketing-Strategie verschrieben haben, spielt die Stimme eine wichtige Rolle.

Aber warum ist das so?

Als Leser ist wohl jedem klar, dass in literarischen Texten unterschiedliche „Stimmen“ vorherrschen. Die Romane von Thomas Mann „klingen“ einfach anders als die von Frank Schätzing: Stilistik, Rhythmus, Strukturierung, Wortwahl – ganz zu schweigen vom Umfang des aktiven Wortschatz – es gibt viele Kriterien, wonach sich Autoren voneinander unterscheiden.

Betrachtet man nun die gesamte Kommunikation eines Unternehmens, so prägt die Brand Voice als sprachliche DNA jede Botschaft – und grundiert daher jede öffentliche und nicht-öffentliche Äußerung: angefangen beim letzten Tweet / Newsletter / Blogpost / Infografik über die Plakate an Bushaltestellen und Laternenmasten bis hin zur Pressemitteilung und dem Brief des Service-Mitarbeiters, der auf eine Beschwerde reagiert.

Die „Brand Voice“, so würde ich den Begriff definieren, gibt der Identität einer Marke („Brand“) einen sprachlichen Ausdruck („Voice“). Einen ähnlichen Ansatz verpackt Melissa Lafsky im Blog „The Content Strategist“ in einen interessanten Vergleich:

Say you’re going to a dinner party full of people you don’t know. Whether you admit it or not, you’ll want each of the other people at the party to leave with a certain viewpoint or opinion about you at the end of the night. So you act a certain way, choose certain words and conversation topics over others, make certain jokes, and generally work to be the most charming, or funny, or book smart, or emotionally sensitive, etc. version of yourself, depending on which of these traits are the most important for you to convey.

Einige Monate später hatte Joe Lazauskas an gleicher Stelle den Versuch unternommen, die „Persönlichkeit“ bekannter US-Unternehmen auf wenige Attribute zu verdichten.

GE is the smart, inquisitive, clever science nerd who blows your mind. Red Bull is the death-defying rock star you want to hang out with. HubSpot is the inbound marketing genius who wants to help you get that promotion. Moz is the wizard of SEO with secrets that will fundamentally change your business. In different ways, they’re all a kind of person who will accumulate a posse of interested admirers at that dinner party.

Die betreffenden Unternehmen behaupten dies aber nicht von sich, sondern bringen ihre Persönlichkeit sprachlich zum Ausdruck: der US-Konzern GE (General Electric) mit seinem (populär-)wissenschaftlichen Magazin GE Reports, Red Bull adrenalintrunken im Red Bulletin, während sich in Hubspots Blog ein Ratgeber an den nächsten reiht und der Moz Blog sich in jedem BWL-Studium als Vorbereitungsmaterial auf das Thema Inbound-Marketing bewähren würde.

Die vier Beispiele zeigen aber auch, dass sich die Verantwortlichen dahinter nicht nur Gedanken über die Inhalte, sondern auch über die Vermittlung gemacht haben. So unterschiedlich die Beiträge auch sind, wirken sie doch in ihrer visuellen und sprachlichen Form konsistent. Jedes der erwähnten Magazine bzw. Blogs bezieht eine Vielzahl von Autoren ein, dennoch teilen die Texte eine gemeinsame Stimmlage. Diese ist typisch für das jeweilige Magazin bzw. den Blog – und transportiert implizit die Werte des jeweiligen Unternehmens.

Die Folge:

Jeder Text löst kraft seiner Sprache und mithilfe seiner Stimme einen hohen Wiedererkennungseffekt aus und zahlt auf das Vertrauenskonto des Lesers ein.

In 5 Schritten die Brand Voice festlegen

Wenn also eine Brand Voice derart wichtig ist, weil sie über Struktur und Stil die Werte einer Marke oder eines Unternehmens vermittelt, sollte man nicht darauf hoffen, dass sie sich irgendwann „von selbst“ einstellt. Stattdessen ist es durchaus sinnvoll, sie als strategisches Asset zu begreifen, gerade im Marketing.

Daher kommt es darauf an, sie bewusst zu formen. Zu den Grundregeln gehört natürlich, verständlich zu schreiben. Durch eine klare und einfache Schreibweise kann der Leser die Informationen besser verarbeiten. Dank kurzer Wörter lässt sich der Text leichter lesen. Und bildhafte Ausdrücke und viele Beispiele erhöhen die Anschaulichkeit, sodass sich die Informationen – und die Botschaft dahinter – besser einprägen.

Sich mit der Brand Voice zu beschäftigen, geht einen entscheidenden Schritt weiter. Denn sie legt nicht einfach nur einen Sprachstil fest, sondern rührt am Kern der eigenen Identität. Sie drückt aus, wer man ist – oder wer man sein möchte. Und sie schafft einen Unterschied zwischen der eigenen Marke und dem Wettbewerb.

Doch wie finde ich (m)eine Brand Voice?

Mit den folgenden fünf Schritten, die ich von Erika Heald übernommen, aber etwas angepasst habe:

1. Finden Sie gelungene eigene Beispiele

Sammeln Sie Texte von Ihrer Website, Ihrem Blog, Ihrem Facebook- und Twitter-Kanal, wählen Sie E-Books, Infografiken und Whitepapers aus – kurz: Sammeln Sie (wenn nötig nur stichprobenartig) den gesamten Content ein, den Ihr Unternehmen in den letzten Monaten produziert hat. Gehen Sie die Beispiele durch: Welche waren erfolgreich? Welche sind inhaltlich und formal gelungen? Welche sind austauschbar und könnten auch von der Konkurrenz stammen? Durch das Aussieben destillieren Sie ein Set an Texten, das Ihr Unternehmen würdig repräsentiert.

2. Beschreiben Sie Brand Voice mit wenigen Worten

Nun wird es deutlich schwieriger. Versammeln Sie eine Gruppe von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Bereichen, angefangen vom Geschäftsführer übers Marketing bis hin Leuten aus HR und Verwaltung. Mit diesen versuchen Sie, die Persönlichkeit Ihres Unternehmens auf ein bis drei treffende Adjektive zu kondensieren. Was sind die Werte Ihres Unternehmens? Welcher Typ von Mensch wäre es? Ein intelligenter Analytiker wie Justus Jonas? Ein sportlicher Draufgänger (und Gelegenheitsangsthase) wie Peter Shaw? Eine technikaffine Leseratte wie Bob Andrews? Vielleicht gelingt Ihnen das leichter, wenn Sie zunächst die „Persönlichkeit“ Ihrer Wettbewerber beschreiben. Sehen Sie diese nicht einfach als Konkurrenten, sondern bestimmen Sie, was den „Gegner“ von Ihnen unterscheidet.

Hilfreich ist die folgende Übersicht, die eine Auswahl an typischen Eigenschaften bietet. Zur besseren Orientierung habe ich sie nach „Charakter“, „Ton“ und „Sprache“ gegliedert.

Charakter Ton Sprache
Freundlich Persönlich Komplex
Warm Bescheiden Einfach
Inspirierend Kühl Verständlich
Spielerisch Ehrlich Fachjargonlastig
Gebieterisch Direkt Humorvoll
Akribisch Wissenschaftlich Kreativ
Kontaktfreudig Sanft Locker
Rebellisch Liebevoll Mitreißend
Zurückhaltend Jovial Gekünstelt
Optimistisch Streng Eloquent
Praktisch Kumpelhaft Ernst
Inspirierend Vertraulich Umgangssprachlich

 
So könnten Sie zum Beispiel auf folgende drei Attribute für Ihre Brand Voice kommen:

  • Kontaktfreudig
  • Direkt
  • Kreativ

Blicken Sie in dieser Phase auch auf die Interaktion mit Ihren Kunden: Werden die von Ihnen bevorzugten Begriffe hier auch benutzt? Oder andere? Sehen Sie der Wahrheit ins (manchmal auch nicht so schöne) Angesicht und revidieren Sie Ihre ursprüngliche Auswahl entsprechend. Diese Begriffe sollten Sie dann genauer definieren. Die Begriffe „kontaktfreudig“, „direkt“ und „kreativ“ lassen sich dann zum Beispiel so beschreiben:

  • Kontaktfreudig: gesellig, aufgeschlossen, locker, leicht
  • Direkt: gradlinig, offen, spontan, aufrichtig
  • Kreativ: einfallsreich, intelligent, schwungvoll, schlagfertig

Als Berliner fällt es nicht schwer, für die Kombination dieser Begriffe das passende Unternehmen zu finden:

Belinda Weaver empfiehlt dagegen, jeweils zwei Extreme zu benennen und Ihre Brand Voice dann entlang der gewählten Skala zu positionieren:

Skala
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Formal X Umgangssprachlich
Distanziert X Zugewandt
Professionell Verrückt
Ernst X Humorvoll
Entspannt X Lebhaft

3. Übersetzen Sie die Begriffe in Regieanweisungen

Nun heißt es, die (abstrakten) Begriffe in eine (konkrete) Form zu überführen, mit der Ihre Redakteure und externen Texter arbeiten können. In meinen Augen bietet sich dafür eine Tabelle mit drei Spalten an: dem Begriff, einer etwas ausführlicheren Beschreibung und Anweisungen, wie man konkret schreiben soll.

Begriff Beschreibung Regieanweisung
Charakter Kontaktfreudig – Wir gehen offen und ohne Vorurteile auf andere zu.
– Wir versetzen uns auch leicht in die Perspektive anderer Menschen.
– Wählen Sie positive Begriffe.
– Verwenden Sie einen leichten, eher an der  Umgangssprache angelehnten Ton.
Ton Direkt – Wir kommen schnell auf den Punkt.
– Wir geben unseren Kunden genau die Produkte, die ihr Leben leichter machen.
– Wählen Sie konkrete Substantive und Verben.
– Vermeiden Sie suggestive Ausdrücke oder Klischees.
Aufrichtig
(Unterbegriff zu „direkt“)
– Wir sagen, was Sache ist, und stehen auch zu unseren Schwächen. – Bleiben Sie ehrlich.
– Nehmen Sie Kritik an und zeigen Sie, wie Sie mit dieser umgehen wollen.
– Lassen Sie Ihren Worten auch Taten folgen.
Sprache Kreativ – Wir vertreten unseren Standpunkt und laufen nicht jedem nach.
– Wir lieben Originalität.
– Wir probieren gern neue Sachen aus.
– Verwenden Sie originelle Metaphern.
– Nehmen Sie auch mal die entgegen gesetzte Perspektive ein.
Schlagfertig (Unterbegriff zu „kreativ“) – Wir reagieren schnell und humorvoll. Dabei wollen wir es nicht jedem recht machen.
– Wenn wir dabei manchmal übers Ziel hinausschießen, ist das okay.
– Seien Sie frech und trauen Sie sich, einen Angriff zu kontern.
– Bleiben Sie charmant, setzen Sie Selbstironie ein.

4. Übersetzen Sie das Idealbild aus der Theorie in die Praxis

Wenn Sie die Tabelle ausgefüllt haben, drucken Sie sie aus und holen Sie Ihre Redakteure, Ihr Social-Media-Team, Ihre PR-Abteilung und wer sonst noch für die Content-Produktion zuständig ist, zusammen. Falls möglich, laden Sie auch die externen Kräfte (Texter etc.) in die Runde ein. Nun gehen Sie gemeinsam die Tabelle durch, besprechen die gelungenen und analysieren die weniger gelungenen Beispiele. Bei diesen sollten Sie überlegen, wie diese entsprechend der definierten Brand Voice aussehen würden. Am Ende des Meetings nimmt jeder Beteiligte seine Tabelle mit und hängt sie neben seinen Bildschirm.

5. Passen Sie die Brand Voice von Zeit zu Zeit an

Ebenso wie sich eine natürliche Stimme im Lauf der Jahre verändert (vergleichen Sie mal eine der ersten Drei-???-Folge mit einer der neueren Episoden – es wird Sie überraschen), steht auch die Brand Voice nicht über der Zeit. Da sich Ihr Unternehmen entwickelt und seine Rolle anpasst, alte Wettbewerber verschwinden und neue Wettbewerber in den Markt treten, sollten Sie sich regelmäßig die Zeit nehmen, und die Brand Voice auf den Prüfstand stellen: Was hat funktioniert? Welche Elemente ließen sich nicht umsetzen? Wie reagieren die Kunden auf die Kommunikation?

Brand Voice in der Praxis

Ich höre schon den Einwand. „Alles wunderbare Theorie, mein Lieber. Aber wo bleiben die Beispiele aus der Praxis? Vor allem: Gibt es deutsche Unternehmen, die das anwenden?“ Im Folgenden soll es daher um drei Unternehmen gehen, die viel gemeinsam haben und doch unterschiedlicher nicht sein könnten: Faber-Castell, Schwan-Stabilo und Staedtler.

Alle drei Unternehmen kommen aus Nürnberg und sind auf demselben Markt aktiv: Sie stellen Stifte und andere Schreibgeräte her und vertreiben sie weltweit. Alle drei Unternehmen haben eine lange Geschichte. Bei allen drei Unternehmen droht das Kernprodukt – ein mit der Hand geführtes Schreibgerät – unter die Räder der Digitalisierung zu geraten. Und alle drei Unternehmen sind gefordert, moderne Kommunikationskanäle wie Facebook oder Instagram zu bespielen, um ihre potenziellen Zielgruppen zu erreichen.

Faber-Castell, Stabilo und Staedtler bewegen sich vielleicht auf demselben Markt – in Habitus, Identität und „Persönlichkeit“ sind sie aber sehr verschieden. Das Adelshaus von Faber-Castell, der Lehrerliebling Stabilo, der Tüftler Staedtler. Die Frage ist nun: Kommt dies auch zum (sprachlichen) Ausdruck? Dafür habe ich mir jeweils den Facebook-Kanal und die Unternehmenswebsite der drei Unternehmen angesehen.

Faber-Castell

1761 gegründet, gehört Faber-Castell zu den deutschen Traditionsunternehmen. Der „weltgrößte Hersteller von Bunt- und Bleistiften“ (Wikipedia) wird bereits in der achten Generation von einem Mitglied der Familie von Faber-Castell geführt. Geschichte und Tradition, Erfahrung und Exzellenz sind die wesentlichen Koordinaten des Unternehmensbildes. Sie kehren in einer gewählten Wortwahl und einem bildungsbürgerlichen Stil wieder, der nicht nur auf der Website, sondern auch auf Facebook gepflegt wird.

Stabilo

Rund 100 Jahre jünger ist der Schreibgerätehersteller Stabilo (gegründet 1855, offizieller Name: Schwan-STABILO) – seit 1971 ist der Name aber (auch) Synonym für die grellen Textmarker in Gelb, Grün oder Pink. Stabilo pflegt seit Jahrzehnten einen engen Kontakt zu Schulen und arbeitet zum Beispiel eng mit dem Deutschen Lehrerverband zusammen. Zugleich sucht das Unternehmen über Social Media den engen Kontakt mit Kindern (und ihren Eltern). Daher quillt der Facebook-Account über von Emojis, Hashtags und Jugendjargon – und ist ganz weit entfernt von der Sprache der Unternehmenswebsite, deren Sprache viel formeller und geschäftsorientierter wirkt.

Staedtler

Der Name „Staedtler“ tauchte erstmalig 1662 in einer Urkunde auf, knapp 170 Jahre später erfand ein Nachfahre den Buntstift, der heutzutage aus Kinderzimmern und Künstlerateliers nicht mehr wegzudenken ist. Diese beiden Pole geben auch die Spannung an, von der der Facebook-Account lebt: Vorgestellt werden beispielsweise unbekannte (Laien-)Künstler, die mit den Stiften des Familienunternehmens arbeiten, wobei das Social-Media-Team mit der ganzen Marketing-Rhetorik arbeitet. Zugleich setzt man – im Vergleich zu Stabilo – die bildliche Kommunikation via Emojis eher moderat ein. Nur selten spielt Staedtlers Fokus auf technologische Innovationen eine Rolle.

Im Sinne einer konsistenten Markenkommunikation liegt die Brand Voice von Faber-Castell im Vergleich der drei Stiftehersteller vorn. Bei den anderen beiden Traditionsunternehmen sind deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Kanälen festzustellen. Andererseits scheinen Stabilo und Staedtler die Klaviatur von Social Media besser zu beherrschen. Während Faber-Castell auf rund 270.000 Follower kommt, hat Staedtler mehr als doppelt so viele, nämlich über 580.000 Follower. Mit weitem Abstand vorn liegt Stabilo: knapp 2,7 Millionen Follower, 10-mal so viele wie Faber-Castell.

Die Brand Voice ist sich selbst nie identisch

Was lernen wir daraus?

Die Brand Voice sollte zwar – im Sinne eines in sich stimmigen Auftritts der Marke oder des Unternehmens – stets dieselbe sein, aber die Tonlage darf sich unterscheiden.
Das hat natürlich zum einen praktische Gründe. Im Social-Media-Team arbeiten andere (und in der Regel deutlich jüngere) Redakteure als in der PR-Abteilung. Die Website wird von einer Agentur bespielt, der Kundenservice hat eigene Mitarbeiter. Jeder von diesen vielen Einzelstimmen hat seinen eigenen Stil (der sich in manchen Fällen trotz wiederholten Einübens deutlich bemerkbar macht).
Zum anderen ist eine unterschiedliche Modulation der „Brand Voice“ durchaus wünschenswert. Darauf weist Harriet Cummings hin. Schließlich hat jeder Kanal, ob Social Media, Pressemitteilung oder Kundenbrief, seine eigenen Rahmenbedingungen – und damit auch eine andere Zielgruppe, an die die Brand Voice angepasst werden muss, um den Erwartungshaltungen und Konventionen in den jeweiligen Kommunikationsumgebungen überhaupt entsprechen zu können.

Daher lautet meine Empfehlung:

Verstehen Sie die Brand Voice als Partitur für die Kommunikation Ihres Unternehmens. Aber nicht als Tonkonserve, die es zu replizieren gilt. Die „Persönlichkeit“ des Unternehmens, die Werte und Eigenschaften, für die Ihre Marke stehen (soll), setzen das Register. Innerhalb dieses Rahmens bewegt sich die Brand Voice. Wie beim Jazz lässt sie aber Freiräume zur Improvisation und ermöglicht für jeden Kanal immer Variationen ihrer selbst.

Und das ist gut so. Denn auch die Stimmprofis klingen – trotz wieder erkennbarer Stimme – nicht immer gleich. Auch bei Oliver Rohrbeck haben Justus Jonas, Ben Stiller und Gru ihre ganz eigene Modulation. Ohne dass der Sprecher dafür aus der eigenen Haut fahren müsste, wie er in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ bekannte:

Ich werde das oft gefragt: Verstellst du dafür deine Stimme? Und ich sage immer Nein. Das tue ich weder für Ben Stiller noch für Justus Jonas noch für den Gru. Die Stimme entsteht da von ganz alleine durch die Haltung, die ich einnehme. Aber sie klingt bei allen anders.

Und das ist letztendlich genau das, was die Brand Voice eigentlich ausdrückt. Keine Stimme – sondern eine Haltung.
 
 
Bildnachweise (von oben nach unten): Kai Oberhäuser, Joe Watts, chuttersnap, Joe Shillington, Jens Thekkeveettil (alle von Unsplash.com)

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