Negative SEO, Linkbaits und SEO Verschwörungstheorien

1. März 2013

Vor ca. einem Monat habe ich drüben bei Noblego einen ausführlichen Artikel zu einer Reihe von Angriffen geschrieben, die das Unternehmen attackieren. Sehr schön war, dass extrem viele Leute ihre Solidarität erklärt haben, sich klar gegen solche Methoden ausgesprochen haben und halfen auf den Fall aufmerksam zu machen. Einige haben sogar geholfen neue Sachverhalte zu erkennen. Es gab leider auch einige andere Mutmaßungen und Missdeutungen, denen wir gerne einiges Ergänzen würden.

Spam Links

Eine unterhaltsame Vermutung die geäußert wurde war, dass die entstandenen Spam Links eine SEO Maßnahme von Noblego oder AKM3 sein könnten. Hierzu drei verschiedene Gedanken von uns.

  • Wie wir im Panoptikum schon mal erklärt haben, glauben wir, dass ein sinnreicher Einsatz von Black Hat SEO Tools fast ausschließlich für die „Einsamen Wölfe“ in Frage kommt. Die Tage wurde von Marko ein schönes Beispiel für genau so etwas ziemlich detailliert und spannend beschrieben. Im Falle von Noblego haben wir ja eher das Setup eines kleinen Inhouse Teams und im Falle der AKM3 eher die große Agentur. Wir schließen uns entsprechend dem klugen Hinweis aus dem obigen Blackhat Beispiel an und wiederholen „Warnung! Dies ist absolut keine nachhaltige SEO-Strategie die ihr euren Kunden anbieten solltet.“
  • An zwei Stellen im Internet, an denen oben genannte Vermutungen geäußert wurden, war sie stark durch Mitarbeiter einer alten und etablierten SEO Agentur gestützt worden. Wir hoffen natürlich, dass das alles ein unglücklicher Zufall ist und nicht der Versuch einen Wettbewerber unsportlich zu diskreditieren, vor dem man ggf. Angst hat.
  • Wenn man einmal annimmt, Noblego oder AKM3 würden hinter den Links stecken, warum hätte man dann damit an die Öffentlichkeit gehen sollen? Die Links verstoßen zum einen klar gegen Google Richtlinien und man würde ein ordentliches Penalty riskieren. Auch hierzu fand sich eine lustige „Verschwörungstheorie“: Wir wären damit an die Öffentlichkeit gegangen, weil die Links nicht gewirkt hätten. Ehrlich gesagt ist das wirklich gar nicht mehr nachzuvollziehen. Zum einen haben die Links bisher weder negativ noch positiv gewirkt (siehe Originalartikel bei Noblego). Wir sind auch nicht nur wegen der Links an die Öffentlichkeit gegangen, obwohl wir diese schon wenige Tage nach der ersten Welle entdeckt haben. Erst bei der DDoS Attacke haben wir uns für kommunikativen Verteidigungsschritt entschlossen.

HTTP Zugriffe

Verblüffender Weise gab es sogar zu machen Themen bei der Dokumentation der DDoS Attacken fast schon unterhaltsame Anmerkungen.

An einer Stelle wurde vermutet, dass in der Grafik auch Zugriffe auf Bilder und andere Elemente der Seite (also alle http Zugriffe) dokumentiert sein könnten, aber wie sollen Browser die Bilder oder andere Elemente einer HTML Datei anfragen, wenn der Server zugebombt wird und nicht anfragt? Also mit anderen Worten: Auf der Grafik mit den Anfragen vom Port 80 sind wirklich die Menge unterschiedlicher Rechner angezeigt, die dort liegen.

La La La Linkbait

Gefühlt kam mindestens in jedem zweiten Artikel, der sich mit der Negative SEO Attacke auf Noblego beschäftigt hat, das Wort Linkbait vor. Bevor man betrachtet, ob unsere kommunikative Verteidigungsstrategie in dieser Hinsicht angemessen war und bewertet, sollten wir uns erst mal anschauen, wie ein Linkbait von außen aussieht. Wir möchten hier betonen, dass das die Außenansicht (!) ist. Vom Initiator aus sieht der Linkbait deutlich anders aus. (Ein großer Teil des Linkbaits ist von außen nicht wahrnehmbar. Wer sich mehr für die Innenansicht von Linkbaits interessiert kann sich diese etwas ältere Präsentation von mir anschauen.)

Im Wesentlichen lassen sich bei echten und vermeintlichen Linkbaits folgende fünf Schritte von außen beobachten:

Linkbait Prozess

Alles beginnt mit einer Geschichte, einem Bericht, einer Nachricht, einem Bild, etwas Multimedialem o.Ä. Danach gibt man sich als Ersteller der Story Mühe, dass sie möglichst viele Personen erreicht. Dafür steht das „Seeding“ – im Sinne von „einen Samen pflanzen“. Sicherlich wird die Story auch dort gelesen wo sie publiziert wird ohne ein Seeding, aber bei Linkbaits würde man in jedem Fall ein zusätzliches Seeding betreiben. Dann wird die Geschichte gelesen und ein kleiner Teil der Leser republiziert den Originalartikel via Social Media oder schreibt eigene neue Beiträge die das Thema aufnehmen, kommentieren, ergänzen, reflektieren – und dort können dann eben auch Links zu Stande kommen. Wenn die Aktion gut durchgeführt wird, gibt es ein gewisses selbst beschleunigendes / virales Element was dafür sorgt, dass die entstehenden Artikel und Links wieder eine weitere ganz eigene und neue Seeding-artige Wirkung entfalten. Danach würde man bei einem Linkbait in eine Evaluationsphase kommen. Bekannte Klassiker an Linkbaits sind die WC Weltreise von Marcus Tandler oder die CO2 Neutral Buttons von Kaufda. Auch wir haben angeblich in unserer Vergangenheit einige ziemlich erfolgreiche Linkbaits hinbekommen 😉 Wahrscheinlich kam es auch daher, dass es im Kontext von Noblego zu den im Folgenden beschriebenen Verwechslungen und Missverständnissen kam.

  • Wenn man nicht genau hinschaut und liest, könnte die Veröffentlichung der Geschichte der Angriffe auf Noblego dem obigen Schema entsprechen. Bei Noblego ist uns vor allem der Schritt „Leser / Reichweite“ wichtig gewesen. Wer den Artikel in der Welt gelesen hat, der versteht schon viel genauer was wir denken und hoffen. Die Zigarrenbranche und die SEO Branche sind überschaubar von der Größe. Der Täter hat sicher Mitwisser. Wir sind uns sicher, dass wir vielleicht in 1-2 Jahren irgendwann zufällig spät abends an einer Theke nach einer Party erfahren werden, wer dahinter gesteckt hat. Strafanzeige wegen den DDoS Attacken ist gestellt bei der Polizei. Und wir vermuten ehrlich gesagt auch nicht, dass die Polizei den Fall selbst lösen können wird. Aber wenn wir dann irgendwann den entscheidenden Hinweis bekommen, dann wird die Akte wieder aufgerollt und der Täter kommt vor den Kadi und ins Kittchen. Da wird es keine Gnade geben. Außerdem erwägen wir auch noch eine Kopfgeld monetäre Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung führen, auszuloben wie es z.B. die Lieferservices schon vorgemacht haben. Das könnte unserer Einschätzung nach den Prozess noch beschleunigen, aber das ist ein Ass im Ärmel was wir noch nicht gezogen haben. Damit unser Plan also möglichst gut aufgeht brauchen wir maximale Reichweite. Je mehr Leute von dem Fall wissen und ihn im Hinterkopf haben, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir früher erfahren wer der Täter ist. Das Ziel hatten wir mit der Aktion im Kopf und das wurde auch erreicht. Dass natürlich bei einer solchen auch Links bei rum kommen – wie bei jeder guten Geschichte – das ist klar. Aber im Fokus der Aktion stand das nicht. Insofern würde ich klar verneinen, dass es ein Linkbait war. Ob die Links Noblego helfen? Na sicherlich! Gleichen Sie mit „positiver Linkpower“ die vielen negativ wirkenden Spamlinks aus? Wohl kaum. Aber ist es immerhin etwas Gutes das wir aus einer schwierigen Situation gemacht haben. Ich würde daher die Aktion eher in der Richtung PR als SEO Linkbait korrekt einordnen.
  • Wenn wir bei der Aktion mehr Wert auf Links gelegt hätten, dann hätten wir z.B. einen Button entworfen mit dem Kampagenslogan („Pro fairer Wettbewerb – Contra illegale Methoden!“) und wären dann systematisch auf Leute zugegangen und gebeten, dass man diesen einbettet oder ähnliches. Das ist jetzt nur mal eine fix ersonnene Idee. Ich sage nicht, dass das unsere finale Idee gewesen wäre, wenn wir das Ganze als Linkbait gemacht hätten.
  • Die Links die wir im Zuge der Kommunikationsdefensive bekommen haben sind leider sehr themenfremd – insbesondere viele aus dem SEO Umfeld. Wir glauben nicht, dass es sich hier um eine besonders gute Art Links für einen Zigarren-eCommercler handelt Wir würden herzlich gerne auf alle Links auf der Aktion verzichten, wenn dafür auch die Spam Links verschwinden würden …

Was wir mit diesem Blogpost erreichen wollen ist, dass jeder einmal gesund reflektiert, was wirklich stattfindet und was unterhaltsame und kurzweilige Verschwörungstheorien sind. Ich glaube es ist wichtig, dass sich auch SEOs für oder gegen eine Sache engagieren können, ohne das viele gleich schreien oder heulen oder anonym in Foren lästern, dass irgendwas, was eine wichtige Angelegenheit sein kann ein Linkbait ist. Martin hat das mit seiner Aktion http://verteidige-dein-bild.de glücklicher Weise gut hinbekommen.

© Image via Flickr – cdrummbks „masks of the illuminati“
Bestimmte Rechte vorbehalten. Quelle: Flickr.com

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