Content ist tot – es lebe der Content! Recap Content Marketing Masters 2017

6. Juni 2017

Das „Wie“ stärker im Fokus

Totgesagte leben länger, heißt es. Natürlich ist das alte Motto „Content is King“ auch weiterhin aktuell – auch wenn in der Recap der CMM 2016 kurzzeitig etwas anderes verkündet wurde. Dennoch gilt: Content ist längst nicht mehr der alleinige Erfolgsgarant für Kampagnen – zu riesig ist die Masse an Texten, Videos und Fotos, die tagtäglich das Netz fluten. Denn dank Social Media oder Blogs kann heutzutage quasi jeder zum Content-Produzenten werden. Umso wichtiger ist es für die Marketingtreibenden, mit ihrem Content herauszustechen und sich nicht nur über das „Was“ der Inhalte Gedanken zu machen, sondern auch vermehrt innovative Formate und Maßnahmen in den Fokus zu nehmen.

Bevor die Teilnehmer der dritten Content Marketing Masters am 1. Juni 2017 in den Spreewerkstätten tiefer in die Frage nach dem richtigen „Wie“ eintauchen durften, galt es allerdings erst einmal, einige organisatorische Dinge zu klären. Auf Deutsch und Englisch begrüßte Andre Alpar, Geschäftsführer der Performics Berlin, die internationalen Zuhörer und beantwortete zunächst die wirklich dringlichen Fragen: Wo gibt es Essen und Getränke? Wo finden die Vorträge des deutschen und wo die des englischen Tracks statt? Und wo kann man sich mithilfe einer entspannenden Massage neu fokussieren? Mit diesen Informationen wurden die Teilnehmer und die insgesamt 21 Speaker dann in einen langen Tag voller neuer Erkenntnisse entlassen.

Influencer-Marketing: Vom Ego-Trip zum Teamplayer am Beispiel von GlossyTalk von Maybelline New York

Speaker: Antonino Biondi, Katja Berghoff

YouTube-Stars als Werbeträger – diese Idee ist in Zeiten von Produktplatzierungen sicherlich nicht neu. Anders als ein offizielles Marken-Testimonial hat sich ein Influencer durch authentischen Content eine treue Followerschaft aufgebaut und sich die Freiheit bewahrt, offen seine ehrliche Meinung über bestimmte Produkte kundzutun. Das macht Werbung authentisch und Influencer-Marketing immer beliebter. Antonio Biondi von Maybelline New York und Katja Berghoff von der Agentur Content Cube umrissen in ihrem Vortrag zu Beginn des Tages, wie man Influencer-Marketing auf das nächsthöhere Level hebt.

Bei der Überlegung, wie man eine jüngere Zielgruppe im Alter von 18 bis 39 Jahren wieder stärker anspricht, kommt man laut Biondi am Touchpoint Internet nicht vorbei. Denn Frauen in diesem Alter bekommen Make-up-Tipps am liebsten von der Freundin – oder eben der Lieblings-Beauty-YouTuberin. Anstatt allerdings einfach nur neue Produkte zuzusenden und auf positive Erwähnung zu hoffen, strebten Antonio Biondi und Katja Berghoff eine andere Art von Influencer-Kooperation an. Sie entwickelten ein neues YouTube-Format namens Glossy Talk, das seit März 2016 jeden Freitag auf dem Kanal von Maybelline New York erscheint.
Als Gastgeberin ist YouTuberin Mrs Bella, die sonst mit professionellen Tutorials glänzt, in einer neuen Rolle zu sehen: Zehn Minuten lang plaudert sie pro Folge mit aus Internet und Fernsehen bekannten Gästen – selbstverständlich vorrangig über Make-up und Beauty. Die Marke Maybelline New York präsentiert sich dabei, unterstützt durch das urban gestaltete Set mit Loft-Charakter, bewusst als starke Brand, die Trends aus dem Big Apple nach Deutschland holt. Damit die Zusammenarbeit mit Influencern funktioniert, gibt Biondi den Zuhörern acht Teamwork Rules mit auf den Weg:

  1. Eine Vision: Die eigene Brand Vision und die Meinung des Influencers bilden ein authentisches Ganzes.
  2. Offene Feedbackkultur: YouTube lebt von Engagement und Feedback – diesen Dauerfeedbackmodus sollte die Brand lernen anzunehmen.
  3. Gute Organisation: Ein guter Plan ist unabdingbar, es sollte aber noch Raum für Spontaneität bleiben.
  4. Gemeinsame Verantwortung: Schlechtes Feedback fällt auf alle Beteiligten zurück, daher sollte Professionalität an erster Stelle stehen.
  5. Klare Rollenverteilung am Set: Der Regisseur gibt vor, befindet sich aber stets im Dialog mit dem ebenfalls medienerfahrenen Influencer.
  6. Respektvoller Umgang: Das Feelgood-Management sollte nicht stiefmütterlich behandelt werden.
  7. Flache Hierarchien: Kurze Entscheidungswege erleichtern die Zusammenarbeit.
  8. Konstruktive Konfliktlösungen: Deeskalation steht bei Problemen an erster Stelle.

Der Erfolg gibt Glossy Talk übrigens Recht: Bis dato knapp 18 Millionen Views, davon vier Millionen organisch, sprechen eine deutliche Sprache.

Content ist nicht gleich Content: Voraussetzungen und Anforderungen von Social Content

Speaker: Helge Ruff

Gleich zu Beginn seines Vortrags machte Helge Ruff, Gründer und Geschäftsführer der Münchner Agentur 1-2-social, seinen Standpunkt klar: Der beste Content bringt Unternehmen nichts, wenn er in der Masse untergeht. Als Grund führte er das Nutzerverhalten der Menschen an: Beim Scrollen auf dem Smartphone wird das soziale Netzwerk nur kurz gescannt – woran das Auge nicht hängen bleibt, ist innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde vom Display verschwunden. Firmen und Brands haben es laut Ruff nochmal schwerer, denn Werbung gegenüber entwickelt der User oftmals eine regelrechte Ignoranz. Zudem wüssten die Unternehmen häufig nicht, was der Zielgruppe gefällt, unterschätzen den hohen Anspruch an Social Content und investierten dementsprechend nicht genug in ansprechende Inhalte. Wie Inhalte gepostet werden, ist für Ruff also genauso bedeutsam wie der geteilte Content an sich.

Anhand von Kundenbeispielen zeigte Ruff auf, wo häufige Fehlerquellen liegen: Oft finden sich viel zu komplexe Botschaften in den sozialen Netzwerken, die der Nutzer nicht richtig erfasst. Denn der ist laut Ruff bequem und oftmals auch nicht voll bei der Sache, wenn er auf Facebook und Co. unterwegs ist. Er möchte unterhalten werden – einen Wunsch, den die Unternehmen bedienen sollten, um wahrgenommen zu werden und Reichweite zu generieren.
Seine Tipps für die Praxis:

  1. Thumb Stopper: Egal, ob Foto, Video oder Werbeanzeige – es braucht einen Eyecatcher, EINEN Fokuspunkt, der den Daumen daran hindert, weiterzuscrollen.
  2. Das Thema oder Produkt muss einfach und in Sekundenschnelle erfassbar sein und sollte für die Zielgruppe relevant sein.
  3. Die Botschaft zündet, wenn sie simpel, aber kreativ und im Falle von Werbung auch Conversion-orientiert ist.

Ruffs zentrale These setzte den aussagekräftigen Schlusspunkt: Das Geniale ist immer einfach.

Schluss mit dem Märchen

Speaker: Gabriele Crepaz

Content-Marketing lebt vom Geschichtenerzählen. Dabei kann man mitunter den Eindruck bekommen, dass in der Werbung ähnliche Tendenzen entstehen wie in Hollywood: Die Storys müssen immer spektakulärer sein, wenn möglich bitte mit einem Happy End. Aber schreiben nicht das Leben und echte Menschen die viel besseren, authentischeren Geschichten? Diese Ansicht vertritt Gabriele Crepaz, Gründerin der Südtiroler Agentur Core Stories. Deren Titel ist zugleich Spiegel ihrer Überzeugung, denn eine starke, verdichtete Kernbotschaft braucht laut Crepaz keine große Inszenierung, um aus Marketing-Sicht zu überzeugen. Ältestes Beispiel sei die Kreuzigungsgeschichte, eine Core Story, die auf jeder einzelnen Seite der Bibel durchscheine. Eine Marke sollte sich also immer klarmachen, was sie eigentlich erzählen möchte.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Content-Marketings, den Crepaz ausführte, ist die Unternehmensidentität und die Produktentwicklung. Gutes Marketing beginnt für Crepaz nicht erst bei der Kommunikation, sondern bereits bei den Zielen einer Brand, ihren Werten, die sie von der Masse abheben und den Lösungen, die sie für den Kunden bereithält. Etwa die Marke Patagonia: Kein Hersteller von Outdoor-Kleidung lebt Nachhaltigkeit so konsequent vor wie das kalifornische Unternehmen, bei dem das Reparieren, Recyclen und Weitergeben von getragener Kleidung zur Philosophie gehört. Laut Gabriele Crepaz ist die dadurch geschaffene Authentizität eine bessere Marketing-Strategie als jeder ausgefeilte Werbeslogan. Ihr abschließender Rat an die Zuhörer lautet daher: Besinne dich auf deine Core Story, sei authentisch und erwarte nicht sofort Ergebnisse – denn Vertrauen erfordert immer Geduld.

Nachhaltiges, skalierbares & internationales Content-Marketing im Großkonzern – Fiktion oder Wirklichkeit?

Speaker: Nicolas Huber, Maik Metzen

Eine Content-Marketing-Kampagne mit 4.150 Artikeln in insgesamt fünf Sprachen – das klingt zunächst eher nach Masse statt Klasse. Wirft man dann aber einen Blick auf die beteiligten Unternehmen – die SEO-Agentur Performics auf der einen und der Internetdienstleister 1&1 auf der anderen Seite – wird klar: Klasse ist nicht nur der Anspruch beider Firmen, sondern bei komplexen Themen wie Serverhosting auch zwingend notwendig. Maik Metzen, Geschäftsführer von Performics
Berlin, erläutert zunächst das Ziel dieses Mammutprojekts: Zum einen soll die Marke 1&1 dadurch gestärkt, zum anderen der organische Traffic im Hosting-Bereich erhöht werden. Sobald das Ziel definiert war, konnte es dann an die strategische Planung gehen – bei solch einem Textumfang unerlässlich.

Dafür arbeiteten Agentur und Kunde Hand in Hand: Während Performics geeignete Redakteure einstellte, entwickelte und priorisierte ein siebenköpfiges Team bei 1&1 Themenideen. Schließlich stand ein Team von rund 32 Mitarbeitern, das sich nun auf Content-Produktion und Seeding stürzen konnte. Der inhaltliche Fokus lag übrigens klar auch auf informationalen statt nur auf transaktionalen Keywords – denn fühlt sich der Kunde umfassend informiert, kauft er das Produkt am Ende des Tages mit höherer Wahrscheinlichkeit sowieso. Und dies gilt eben nicht nur für Krawatten von Zalando, deren Absatz durch Ratgeber-Content, etwa zum Thema „Wie binde ich einen Krawattenknoten?“, gesteigert werden konnte. Auch Nicolas Huber von 1&1 hatte beeindruckende Zahlen im Gepäck: 2,21 Millionen Unique User aus 150 Ländern informierten sich bisher auf den Ratgeberseiten zum Thema Server und Co. – und klickten gerade bei Produkten, bei denen Vorkenntnisse erforderlich sind, häufiger den „Kaufen“-Button.

From search to everlasting love

Speaker: Tilak Thiagarajan, Matthäus Michalik

Dieser Vortrag im englischsprachigen Track 2 sollte der letzte vor der um 15.15 Uhr angesetzten Kaffeepause sein. Ungünstiger Zeitpunkt? Im Gegenteil – dazu aber später. Die Zuhörer lauschten zunächst trotz akuten Kaffeemangels aufmerksam den Ausführungen von Tilak Thiagarajan, Senior Digital Marketing Manager bei Henkel und Matthäus Michalik, Senior Consultant bei Performics. Sie erklärten, wie es einer Marke gelingen kann, den Kunden über die Google-Suche zu gewinnen und auf der Seite zu halten und wie dies im konkreten Falle von Schwarzkopf bereits gelungen ist. Eine zentrale Antwort lag bereits auf der Hand: Mit gutem Content können Marken immer punkten. Wirklich neu ist diese Erkenntnis allerdings nicht, weshalb viele Unternehmen oft Potenzial verschenken, indem sie alles auf diese Karte setzen. Laut Michalik lohne es sich zum Beispiel auch, verstärkt ins gezielte Seeding zu investieren.

Wie Tilak Thiagarajan erläuterte, wertete man für Schwarzkopf unzählige Fragen aus, die potenzielle Kunden via Google formulierten. Diese strukturierte man in Mindmaps, denen einerseits die passenden Produkte aus dem Schwarzkopf-Sortiment, zum anderen ansprechender und thematisch abgestimmter Content im Magazin-Style zugeordnet wurden. Sucht der Kunde also etwa nach „Wie färbe ich Strähnchen?“, erhält er bei Schwarzkopf kompetente Beratung, passende Produktempfehlungen und kann diese – dank enger Beziehungen zu E-Retailern wie Amazon – direkt online kaufen. Des Weiteren beleuchtete Thiagarajan die Bedeutung eines zentralen, länderübergreifenden und vor allem für Mobile optimierten Webauftritt. Abschließend ließen sich die Erkenntnisse auf vier „Takeaways for great Content Marketing“ herunterbrechen:

  1. Kenne deine Zielgruppe und verstehe, wie sie tickt.
  2. Recherchiere und analysiere die Fragen und Probleme, die sie beschäftigen.
  3. Biete ihr qualitativ hochwertige Inhalte und eine gute User-Experience
  4. Messe deine Ergebnisse, lerne aus Fehlern, optimiere deine Strategie und wiederhole den Prozess von vorne.

Die einzige Frage, die nun noch offen war: Warum fand genau dieser Vortrag vor der Kaffeepause statt? Die Antwort war groß, rechteckig, schokoladig und äußerst schmackhaft: Tilak Thiagarajan wurde anlässlich seines 40. Geburtstages einen Tag zuvor mit einer Torte überrascht, von der anschließend natürlich alle probieren durften.

How to convert feelings into business

Speaker: Andreea Georgescu

Im Rahmen der kurzen Vorstellung ihrer Person erwähnte Andreea Georgescu von der rumänischen Agentur Webspire, dass sie nebenbei auch Stand-up-Comedy betreibt. Einen Beweis ihres Humors blieb sie daraufhin nicht lange schuldig, als sie ihr Hauptberufsfeld, nämlich Data, mit Dating verglich: „A lot of views, bad quality traffic, large bouncing rate and hardly any returning visitors“. Dass sie auch einiges von Daten und Marketing versteht, bewies sie im Anschluss mit ihrem Vortrag. Der Weg zu gutem Content-Marketing führt für Georgescu immer wieder über die Gefühlsebene – so auch in einem Case, bei der ein Businesspark ihre Agentur beauftragte, aus 15.000 anonymen Mitarbeitern verschiedenster Firmen eine Gemeinschaft zu formen.

15.000 Menschen tragen 15.000 Geschichten mit sich herum, man muss lediglich zuhören und ihnen eine Plattform bieten – so Andreea Georgescus‘ Herangehensweise. Jede Woche erschien also ein neues Interview auf der Homepage des Businessparks, in dem Mitarbeiter zu ihrer Vergangenheit, ihren Zielen und Träumen befragt wurden, die Putzkraft ebenso wie der Manager. Darüber hinaus ermöglichte die Agentur den Angestellten, mittags Yoga zu praktizieren oder an einem Anti-Stress-Kurs teilzunehmen und rief verschiedenste Aktionen ins Leben, etwa eine Briefstation zum Muttertag, Tanzstunden, ein Picknick oder eine Kontaktbörse namens Offline-Tinder. Doch wofür der ganze Aufwand? Zum einen ermöglichen diese Aktionen für Georgescu eine viel persönlichere Form des Storytellings, die sich konkret auf das Engagement auf dem Facebook-Kanal des Businessparks niederschlug. Zum anderen stiegen die Zufriedenheit und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter – eine schwer messbare Größe, die allerdings zum Beispiel in seitens der Unternehmen frühzeitig verlängerten Verträgen ihren Ausdruck findet.

Fazit

Ihren Durst nach neuen inhaltlichen Ideen zum Thema Content-Marketing konnten die Teilnehmer über den Tag hinweg mehr als ausreichend stillen. Damit sie allerdings nicht mit trockener Kehle den Heimweg antreten mussten, gab es nach Ende der Vorträge noch ausreichend Gelegenheit, sich bei der einen oder anderen Erfrischung über das Gehörte auszutauschen. Der abschließende Dank richtet sich an das Organisations-Team, das einmal mehr eine aufschlussreiche und reibungslose Konferenz ermöglicht hat.

PERFORMICS IST BEKANNT AUS